© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    10/98 27. Februar 1998

 
 
Kein Krieg in Sicht
von Ronald Gläser

Die amerikanischen Bomberpiloten können an Deck ihrer Flugzeugträger bleiben, nur die Börsen starten aus Erleichterung zu neuen Höhenflügen. Am Persischen Golf schweigen die Waffen. Saddam Hussein hat noch gepokert und sein Ziel letzlich erreicht:Die Amerikaner haben sich lächerlich gemacht, ihr Ansehen in der Arabischen Welt, die längst nicht mehr so geschlossen gegen den Irak steht wie im Golfkrieg, nähert sich dem Nullpunkt und die Iraker sind froh,daß ihnen ein Militärschlag erspart geblieben ist und die Sanktionen erheblich gelockert worden sind. Und all das, obwohl Saddam in allen Punkten nachgegeben hat.

Das Katz und Maus-Spiel, das die irakische Staatsführung seit 1991 mit den Vereinten Nationen treibt, hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Saddam hat aus dem letzten Golfkrieg, den die Amerikaner Operation Desert Storm nannten, gelernt. Und so mußte der Militärschlag der USA zumindest bis zur nächsten Krise vertagt werden, nachdem Saddam im allerletzten Moment eien Rückzieher gemacht und seine Präsidentenpaläste den UN-Beobachtern geöffnet hatte. Verhalten, fast enttäuscht, äußerte sich Präsident Clinton zu der Einigung, die zwischen UN-Generalsekretär Kofi Annan und dem irakischen Außenminister Tarik Asis erreicht worden ist. Asis wiederum erklärte, die Verhandlungsbereitschaft des UNO-Generalsekretärs und nicht das amerikanische Säbelrasseln habe den Frieden in der Region erhalten.

Natürlich ist das reine Propaganda, da Verhandlungen mit dem Irak nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn ein militärisches Drohpotential dahintersteht. Mit seinem gewaltigen Waffenpotential ist Saddam Hussein eine ständige Bedrohung für seine Nachbarn und echte Belastung für die Welt, aber es ist ihm jetzt sogar friedlich gelungen, die USA vorzuführen.

Clinton kann unter diesen Voraussetzungen keinen Krieg entfesseln. Denn selbst die Aussicht auf einen kurzen, vernichtenden Militärschlag, bei dem es auf US-Seite keine zu beklagenden Opfer gäbe, wird Clinton nicht dazu veranlassen, unbedacht diesen Weg zu gehen. Schon sein Vorgänger Georg Bush stand zwar nach dem Krieg zunächst als strahlender Sieger da, konnte seine Popularität aber nicht ins Wahljahr 1992 hinüberretten. Ein führender Republikaner äußerte sich nach der Operation Desert Storm mit den Worten "Man kann nicht ein Dritte-Welt-Land besiegen, zu den Wählern hinausgehen und sagen : Das ist der Grund, warum ihr mich wählen sollt!"


 
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