© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de   12/98 13. März 1998

 
 
Im Vergleich: Wirtschaftsprogramme von Republikanern und Bund Freier Bürger
Zwischen freiem Markt und Staat
von Konrad Kranz

Eine wichtige Rolle bei der kommenden Bundestagswahl werden die Aussagen der Parteien zur Wirtschaftspolitik spielen. Und es zeichnet sich jetzt bereits ab, zumindest legen Niedersachsenwahl und Umfrageergebnisse den Schluß nahe, daß die Rechtsparteien von der wirtschaftlichen Entwicklung nicht profitieren werden. Das mag an der gemeinhin selektiven und tendenziösen Berichterstattung liegen, es kann aber auch am Vorrang des rein Politischen in der Programmatik mancher rechter "Protestpartei" liegen. Grund genug, die wirtschaftspolitischen Programme zweier Parteien, die dem rechten Lager zugeordnetet werden, zu betrachten.

Der Punkt "Wirtschaftspolitik" im Grundsatzprogramm des Bundes Freier Bürger – Offensive für Deutschland (BFB) nimmt die zweite Stelle ein. Der BFB fordert, die Marktwirtschaft "wiederzubeleben", den Wettbewerb zu fördern, das Eigentum schützen. Das Bekenntnis zur Marktwirtschaft ist nachdrücklich und uneingeschränkt: die allgemeine Sozialdemokratisierung der Gesellschaft soll "beendet" werden.

Politik soll sich so wenig wie möglich einmischen

Der BFB bekennt sich "radikal" zum Prinzip des freien Wettbewerbs. Der Staat habe die Aufgabe, den Wettbewerb auf den Märkten durch eine wirksame Ordnungspolitik (Kartellpolitik, Fusionskontrolle) zu sichern. Darüberhinaus sollte er sich so wenig wie möglich in das wirtschaftliche Geschehen einmischen. Wesentliche Grundlage einer freiheitlichen Gesellschaft sei die Achtung des privaten Eigentums.

Der BFB kritisiert die "zunehmende sozialistische Deformierung" der Wirtschaft, die schleichende Enteignung vieler Bürger. Vor allem Steuerpolitik und wirtschaftshemmende Vorschriften führten dazu, daß Betriebe aus Kosten- oder Steuergründen oder wegen Unerfüllbarkeit staatlicher Auflagen in das kostengünstigere und wirtschaftsfreundlichere Ausland abwandern und damit Arbeitsplätze wegfielen.

Der Hinweis, es gebe Bereiche, in denen der Staat aus sozialen Gründen zu eigenständigem Handeln aufgefordert sei, steht etwas einsam im Grundsatzprogramm: die wirtschaftspolitischen Vorstellungen des BFB können ihre liberale Herkunft nicht verheimlichen.

Das Programm der Republikaner dagegen ist sozialer ausgerichtet. Auch hier ist zwar der freiheitlichen Wirtschaftsordnung "erstrangige Bedeutung" zugestanden. Staatliche Eingriffe sollen gering gehalten werden. Die Förderung und Schaffung von Privateigentum gilt als primär; und dem soll auch die Steuerpolitik untergeordnet werden.

Das Grundsatzprogramm der Republikaner enthält aber im Gegensatz zum BFB einige Beschränkungen. Zwar sei Produktion und Verteilung durch Angebot und Nachfrage geregelt, aber das "freie Spiel" der Marktkräfte stoße dort an Grenzen, wo die Monopolisierung einsetze. Die Marktwirtschaft hätte dort ihre Grenzen, wo "sie um der Einzelinteressen willen elementare Interessen des Volkes verletzt". Die Republikaner bekennen sich zu einer Volkswirtschaft, die "sozial und ökologisch" verpflichtet sei. Die ökologische Ausrichtung ist bei den Republikanern nicht nebensächlich, unter anderem fordern sie die strikte Anwendung des Verursacherprinzips in der Umweltpolitik, sogar eine "sozial-ökologische Volkswirtschaft".

Geldwertstabilität ist die zentrale Forderung

Bei den Republikanern überschneiden sich also im Vergleich mit dem liberalen Wirtschaftsprogramm des BFB die marktwirtschaftliche und soziale Ausrichtung. So werden bürokratisch-umständliche Eingriffe abgelehnt, aber zugleich die wichtige Aufgabe der Gewerkschaften ausdrücklich anerkannt, die Tarifautonomie sei als Bestandteil des Staatswesens unverzichtbar, eine strikte Kartellgesetzgebung notwendig.

Und konkret? Der BFB hat eigentlich nur ein wirtschaftliches Thema, das ihn von marktradikalen Tendenzen in der FDP unterscheidet: die Bewahrung der D-Mark. Geldwertstabilität sei die wichtigste Voraussetzung einer funktionsfähigen Marktwirtschaft, eine Relativierung der Geldwertstabilität müsse verhindert werden. Das Wirtschaftsprogramm des BFB ist in dieser Hinsicht defensiv. Es vermerkt bevorzugt, was durch die Beibehaltung der D-Mark zu verhindern sei. Der Euro werde der deutschen Wirtschaft schweren Schaden zufügen: Druck zur Lohnsenkung, totale Öffnung der Lohnkonkurrenz, Kampf der Sozialsysteme.

Nationale Ausrichtung verbindet die Programme

Die nationale Ausrichtung verbindet den BFB programmatisch mit den Republikanern. Vielleicht ist das Konzept des BFB deshalb so "dünn", weil es nach der Erweiterung der Partei um die "Offensive für Deutschland" noch nicht vollständig erarbeitet ist. Aber auch der Verdacht ist nicht ganz von der Hand zu weisen, daß der Punkt Wirtschaft deshalb beim BFB so knapp gehalten ist, weil er sich jenseits der D-Mark-Frage von neoliberalen Positionen in der FDP kaum unterscheidet. Der BFB befindet sich sofern immer noch auf dem Weg von einer Protest- zu einer Programmpartei.

Arbeitsplätze, um ein wichtiges Beispiel zu wählen, sollen gesichert werden dadurch, daß die Arbeitswelt freier gestaltet wird. Das bedeutet: monopolisierende Tarifbindungen, Niederlassungsverbote, wirklichkeitsfremdes Arbeitsrecht, also möglichst viele Reglementierungen sollen aufgehoben, die Arbeitszeit flexibel gestaltet werden. Der Einkommensunterschied zwischen der Sozialhilfe und den unteren Lohngruppen müsse deutlich sein. Der Strukturwandel dürfe nicht behindert werden, Subventionen, die der Erhaltung nicht wettbewerbsfähiger Unternehmen und Wirtschaftszweige dienen, seien abzubauen.

Ordoliberalismus oder Marktradikalität?

Auch die Republikaner wenden sich dem Thema Arbeitslosigkeit zentral zu. Diese soll abgebaut werden nicht allein durch Umverteilung der Arbeit oder durch Beschäftigungsprogramme, sondern durch eine Stärkung des Mittelstandes. Der Staat soll die entsprechenden Rahmenbedingungen für die mittelständische Wirtschaft schaffen. Dazu gehört eine Bevorzugung deutscher mittelständischer Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, eine gezielte Förderung der Forschung, die Begrenzung und regelmäßige Überprüfung der Subventionen für die Konzerne und vor allem eine mittelstandorientierte Steuerpolitik. Die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer zu Billiglöhnen solle bestraft werden. Einen großen Stellenwert genießt im Republikaner-Programm die Reduzierung der Staatsausgaben, das meint eine lineare Kürzung der Verschuldung.

Bei den Republikanern verbinden sich also Bekenntnis zu freiem Markt und Wettbewerb mit einer sozialpolitischen Ausrichtung. Dieses Konzept ist mit dem ideologischem Modell der Republikaner durchaus zu vereinen: mit einer Stärkung des Staates als Ordnungsfaktor, also einem Vorrang der Politik. Diesem Ordoliberalismus steht das marktradikale Programm des BFB gegenüber, das den Prinzipien Freiheit vom Staat (und auch vom Sozialsstaat) sowie Gerechtigkeit durch Leistung entspricht. Die Entfaltung der freien Marktwirtschaft gewährleistet nach Auffassung des BFB ein maximales Ausmaß an sozialer Sicherheit, weil so ein ungehindertes Wachstum mit entsprechenden Wohlstandseffekten zu verwirklichen sei und eine leistungsgerechte Einkommensverteilung erfolge, sich auch das Problem der Arbeitslosigkeit so am ehesesten lösen lasse. Eine Umverteilung der Einkommen durch staatliche Sozialpolitik wird abgelehnt. Sozialpolitik müsse dem Grundsatz der Subsidarität folgen und dürfe erst dann eingreifen, wenn es zur Sicherung für individuelle Notlagen notwendig sei. Eigenverantwortung ist das Schlüsselwort der Sozialpolitik des BFB. Auch die Umweltpolitik ist dem Primat der freien Marktwirtschaft unterworfen.


 
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