© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/98 24. April 1998

 
 
Neue Rechte in Ungarn: "Pannon Front" und "Sacrum Imprium" als Speerspitze neuen Denkens
Wider die moderne Welt
von Alexander Miklos Barti

Die deutsche Rechte beschäftigt sich vor allem gerne mit einem Thema: Mit sich selbst. Entwicklungen im Ausland werden, wenn überhaupt, gerade mal aus Frankreich und Italien wahrgenommen, und von dort meist auch nur die Ereignisse der Tagespolitik. Wer wissen will, was sich außer Le Pen und Fini vor allem auf dem kulturellen Sektor tut, muß sich anderweitig informieren.

Besonders interessant sind hierbei die Ereignisse jenseits des einstigen Eisernen Vorhangs, wo in den letzten neun Jahren völlig neue Strukturen auf dem jungen konservativen Spektrum erwuchsen.

So konnten in Ungarn die Reformkommunisten 1994 mit dem Kampfruf "Den Sachverstand an die Macht" und unterstützt mit einem gewaltigen Medienaufgebot über 50 Prozent der Wählerstimmen für sich gewinnen. Auf einen Koalitionspartner waren sie demnach nicht angewiesen.

Wer aber die Machtverhältnisse bei Kultur und Medien kannte, der war nicht verwundert, daß sich die Sozialisten die Liberaldemokraten an der Regierung beteiligten; das Prinzip "teile und herrsche" bewies einmal mehr seine zeitlose Gültigkeit. Mit einer Übermacht von zwei Drittel der Abgeordnetenmandate begann nun die unerbittliche Liquidation all jener politischen und kulturellen Strömungen, die sich nach der Wende in der Nährlösung einer christlich-konservativen Administration zaghaft zu entwickeln begonnen hatten.

Nicht anders war es mit den Zeitungen (relativ) konservativen Inhalts: entweder sie bekamen eine neue, regierungskonforme Redaktion, oder aber sie kämpften bis zum bitteren Ende mit finanziellen Schwierigkeiten. Viele stellten ihre Erscheinen ein.

Und doch – bekanntlich wächst die Palme erst unter Druck – gab es auch interessante Neugründungen. So etwa die, schon durch ihr sehr professionelles Layout beeindruckende, Pannon Front. Herausgeber und Redakteur dieser Zeitschrift in einer Person ist Peter Pal Jozsa, der mit einer unglaublichen Energie seinen "Krieg" am Rande des Konkurses führt. Das elitäre Motto der Zeitung – auf jedem Deckblatt zu sehen – spricht für sich: "Wenn jeder lesen darf, zerstört das nicht nur das Schreiben, sondern auch das Denken". In Rezensionen, Kommentaren und Originaltexten kommen altbekannte Denker und Schriftsteller wie Spengler, Jünger, Evola, de Benoist, Eliade, Nietzsche, Codreanu zu Wort – und auch, dem deutschen Leser leider unbekanntere Köpfe, wie Béla Hamvas, Ferenc Zajti, Viktor Padanyi und Andras Laszlo.

Ein weiteres interessantes Produkt ist das Magazin Sacrum Imperium, das erst im Winter 97/98 aus der Taufe gehoben wurde. Gegründet von einer Gruppe junger Studenten, beschäftigt es sich vor allem mit dem traditionalen Gedankengut Julius Evolas und mit dessen ungarischen Vertreter Andras Laszlo. Auffällig ist die jugendliche Radikalität und der Eifer und die Energie, mit der die Verfasser ihre Pamphlete wider die Moderne Welt schreiben. Für die Welt der (körperlichen) Bedürfnisbefriedigungen, in der sich die "Freiheit" in der Erlaubnis zum ungehemmten Konsum erschöpft, empfinden sie nur Verachtung. Als optimale Staatsform empfehlen sie – ganz im Sinne Evolas – eine streng hierarchisch gegliederten Monarchie, in welcher der
König und Herrscher den Schnitt-
punkt zur metaphysischen Welt ver-körpert.

Andere "rechte" Zeitungen in Ungarn sind in der Bevölkerung durchaus bekannter, doch zumeist kennzeichnet sie ein dumpfer Unterton, wie zum Beispiel bei der National-Zeitung. Ihre Leserschaft rekrutiert sich vor allem aus dem Kreis der "Modernisierungsverlierer" nach der Wende.

Nicht umsonst werden vor allem diese Blätter von den ungarischen Rechtsintellektuellen als vom Establishment geduldetes Ventil angesehen – denn wirklich systemgefährdend können sie in ihrer Plumpheit nicht werden. Denn auch in Ungarn kämpft man gegen das weit verbreitete Vorurteil, der Intellekt sei ausschließlich im linken Spektrum beheimatet; Pannon Front und Sacrum Imperium beweisen auf eindrucksvolle Weise das Gegenteil – versucht sie deswegen die "liberale" Medienoligarchie totzuschweigen?

Alexander Miklos Barti

 

Bezugsadressen: "Pannon Front", Postfach 876, H-1463 Budapest; "Sacrum Imperium", Internet: http://www.
geocities. com/CapitolHill/1715


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen