© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/98  08. Mai 1998

 
 
Wahlnachlese: Neue Überlegungen bei Republikanern und BFB
Annäherung und Distanz
von Richard Stolz

Zwei Wochen nach der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt hat sich die Führungsspitze der Republikaner darauf verständigt, den Kontakt zum Bund Freier Bürger (BFB) zu intensivieren. Wie das Präsidiumsmitglied Gerhard Tempel auf Anfrage der jungen freiheit bestätigte, habe es nach der Wahl "zusätzliche Gesprächsangebote" von seiten des BFB gegeben. Schon zuvor seien Vorstandsmitglieder der Republikaner im Gespräch mit "hochrangigen Vertretern" der rechtsliberalen Partei von Manfred Brunner gewesen. Um welche Vertreter der beiden Parteien es sich dabei handelt, wollte Tempel nicht preisgeben.

Die Republikaner wollen sich zunächst voll auf die bayerische Landtagswahl am 13. September konzentrieren. In dieser Lage müßte die Teilnahme an der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern neu überlegt werden, erklärte Parteichef Rolf Schlierer nach einer Sitzung von Bundesvorstand und Präsidium der Republikaner am vergangenen Wochenende in Fulda. In Mecklenburg-Vorpommern findet die Wahl am 27. September zusammen mit der Bundestagswahl statt.

In Bayern rechnen sich die Republikaner eine "reale Chance" aus, in den Münchner Landtag einzuziehen, nachdem die Partei dort seit Monaten in Umfragen stabil bei fünf Prozent gehandelt wird. Zudem treten die Republikaner erstmals flächendeckend in allen 108 Wahlkreisen an. Die Partei werde daher "sowohl ihre personellen Ressourcen wie auch ihre finanziellen Mittel auf Bayern konzentrieren", hieß es in einer Erklärung nach der Sitzung der Führungsgremien.

Wie der Bundesvorsitzende der Republikaner, Rolf Schlierer, mitteilte, sollte angesichts der aktuellen Lage die Teilnahme an der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern überlegt werden. "Wir dürfen unsere Kräfte nicht verzetteln, Bayern ist unser Stammland", sagte der 43jährige Rechtsanwalt.

In dem möglichen Verzicht auf eine Wahlteilnahme in Mecklenburg-Vorpommern sehen politische Beobachter ein Ausweichen vor der Deutschen Volksunion (DVU) des Münchner Rechtsaußen-Verlegers Gerhard Frey. Vor zwei Wochen war die DVU mit 12, 9 Prozent und 16 Abgeordneten in den Landtag von Sachsen-Anhalt eingezogen. Die Republikaner erreichten magere 0,7 Prozent, nachdem die von der Bundespartei angestrebte Listenverbindung mit der Deutschen Sozialen Union (DSU) und der Demokratischen Erneuerung (DE) vom Landeswahlleiter wegen eines Formfehlers nicht zugelassen worden war.

Die DVU will nach ihrem Wahlerfolg in Sachsen-Anhalt jetzt auch bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern antreten. Bei seinem Beschluß habe sich der Bundesvorstand der Partei durch Meinungsumfragen "bestärkt" gefühlt, hieß es in einer Anfang dieser Woche in Magdeburg veröffentlichten Erklärung. Wahlforscher räumen der DVU tatsächlich Chancen für den Einzug auch in den Schweriner Landtag ein. Sie verweisen auf die wirtschaftlichen und sozialen Probleme, die in Mecklenburg-Vorpommern ähnlich groß seien wie in Sachsen-Anhalt. Mit 21,8 Prozent (Ende März 1998) weist Mecklenburg-Vorpommern die zweithöchste Arbeitslosenquote aller Bundesländer auf; bei der Arbeitslosigkeit von Jugendlichen unter 25 Jahren bildet das Land mit 19,8 Prozent sogar das Schlußlicht.

Erst in diesen Tagen will die DVU entscheiden, ob sie auch zur Landtagswahl in Bayern und zur Bundestagswahl antritt. Dazu sollen mehrere Gespräche mit "bekannten Politikern" geführt werden – gemeint ist der ehemalige Republikaner-Vorsitzende Franz Schönhuber. Nachdem er sich bereiterklärt hat, als Spitzenkandidat auf der DVU-Liste für die Europawahl im Juni 1999 zu kandidieren, strebt Schönhuber offenbar auch eine Kandidatur für den Bundestag an. Für eine Stellungnahme war Schönhuber bis zum Redaktionsschluß nicht zu erreichen.

Unterdessen hat der Landesvorsitzende der Republikaner in Mecklenburg-Vorpommern, Bernd Bernhard, Überlegungen der Parteispitze, auf eine Teilnahme an der Landtagswahl zu verzichten, "entschieden" zurückgewiesen. Auf keinen Fall dürfe man Gerhard Frey mit seiner "zentralistisch geführten Phantompartei DVU kampflos das Feld in den neuen Ländern überlassen", erklärte Bernhard, der auch stellvertretender Bundesvorsitzender seiner Partei ist.

Nach der Bayernwahl würden "die Karten neu gemischt". Das Nichtantreten bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern wäre ein "völlig fatales Signal nach innen und außen". Bei den Mitgliedern und Wählern würde sich der Eindruck verfestigen, die Republikaner betrieben "einen planmäßigen Rückzug bis südlich der Mainlinie", erklärte Bernhard. Auch ließe sich nicht mehr glaubhaft vermitteln, so der Landesvorsitzende und Partei-Vizechef, daß es "hinter den Kulissen nicht doch zu Absprachen über Gebietsaufteilungen zwischen den Republikanern und der DVU" gekommen sei.


 
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