© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    21/98 15. Mai 1998

 
 
Salzburger Gespräch: Antiklerialismus gehört der Vergangenheit an
Kirche und FPÖ uneins
von Franz Spitzauer

Wie katholisch ist die FPÖ – und wie katholisch darf sie aus der Sicht von Kirchenvertretern sein? Diese Frage stand vergangene Woche im Mittelpunkt einer öffentlichen Studientagung der Österreichischen Bischofskonferenz in Salzburg. Ergebnis: Skepsis von manchen Kirchenleuten an der betont kirchenfreundlichen Linie der FPÖ, aber auch massive Kritik von FPÖ-Politikern an der Abwehrhaltung mancher Kirchenvertreter gegen die Freiheitlichen.

Für diesen Versuch, die historische Distanz zwischen dem Dritten Lager und der Kirche zu überwinden, ernten die Freiheitlichen bei Teilen der katholischen Basis durchaus Anerkennung. Laienvertreter sprachen sich für eine Kooperation mit der FPÖ aus, wogegen Spitzenvertreter der Kirche bemüht waren, die Barrieren zu erhalten. Die Annäherung der FPÖ an die Kirche führt zudem nicht nur dort, sondern auch bei Wissenschaftlern zu aufmerksamen Reaktionen. Auch das wurde bei der Tagung in Salzburg deutlich. Der Historiker Ernst Hanisch attestierte der FPÖ, den traditionellen Antiklerikalismus über Bord geworfen und zu einer wertchristlichen Fundierung gefunden zu haben.

Einen Tag lang diskutierten die Spitzen von Partei und Kirche in Salzburg das gegenseitige Verhältnis. Gekommen waren unter anderem der Kärntner Diözesanbischof Egon Kapellari, Caritas-Direktor Michael Landau und der als FPÖ-kritisch bekannte Generalvikar der Wiener Erzdiözese, Helmut Schüller. Angesichts der Brisanz und politischen Bedeutung des Themas hatte auch die FPÖ ihre Spitzenleute mobilisiert: Parteiobmann Jörg Haider, Generalsekretärin Susanne Riess-Passer, Klubobmann Ewald Stadler und den Nationalratsabgeordneten Herbert Scheibner.

Das Interesse der zahlreichen Veranstaltungsteilnehmer aus dem katholischen Bereich konzentrierte sich auf die Auftritte der rhetorischen Giganten, die beide Seiten aufboten. Für die Freiheitlichen war das Jörg Haider, der in seiner Rede verdeutlichte, was die FPÖ ihnen zu bieten habe, aber auch, was sie von ihnen erwartet. Die Freiheitlichen seien nicht auf "Herbergssuche" bei den christlichen Kirchen, sondern an einer Partnerschaft interessiert. Die Partei wolle aus der historischen Distanz herauskommen, müsse aber eine Abwehrfront in Teilen der Kirche gegen die geplante Annäherung feststellen. Vertreter der katholischen Kirche hätten zwar in den siebziger Jahren den Beginn des Dialogs mit der SPÖ "mit Begeisterung kommentiert", ähnliche Reaktionen gegenüber der FPÖ gäbe es jedoch nicht, kritisierte Haider. Auch die ungeschminkte Kritik der Freiheitlichen an den Zuständen in Österreich dürfe für die katholische Kirche kein Grund sein, eine Annäherung zu verweigern, sagte Haider. Er machte auch sonst deutlich, daß die FPÖ von der katholischen Kirche eine klarere Linie in gesellschaftspolitischen Fragen erwarte. Die FPÖ sei um eine Annäherung bemüht, nehme Glaubensgemeinschaften aber auch in die Pflicht. Konkret: Die Zurückhaltung der Kirche beim Thema Fundamentalismus sei fehl am Platz. "Wenn wir hier keine Antworten finden, hat das Abendland wirklich abgedankt."

Außerdem kritisierte der FPÖ-Obmann die "Beißhemmung" der katholischen Kirche gegen die Verunglimpfung christlicher Inhalte durch Künstler und die Verherrlichung von Gewalt. Auch die Kritik von Kirchenvertretern am Ausländer-Volksbegehren der FPÖ sei ungerechtfertigt. Die Bundesregierung habe die wesentlichen Ziele dieses Volksbegehrens längst übernommen.

Daß die von der FPÖ betriebene Annäherung an die Kirche in deren Reihen auch von manchen ziemlich skeptisch beurteilt wird, machte der Wiener Generalvikar Helmut Schüller deutlich. Schon als Caritas-Direktor einer der führenden Kritiker des FPÖ-Ausländer-Volksbegehrens, bezog Schüller auch bei der Veranstaltung "Katholische Kirche und FPÖ" eine kritisch bis ablehnende Position. Hinter die von der FPÖ angebotene "ideelle Partnerschaft" sei ein Fragezeichen zu setzen, erklärte Schüller: "Die bloße Inanspruchnahme christlicher Inhalte für politische Zwecke und Präambeln reicht nicht." Zwischen dem inhaltlichen Anspruch der katholischen Kirche und der politischen Praxis der FPÖ gebe es Diskrepanzen. So widerspreche die restriktive Ausländerpolitik der Freiheitlichen der Grundwürde des Menschen und der Notwendigkeit der Integration. Die "gesellschaftliche Solidarität" komme bei der FPÖ zu kurz.

Der FPÖ warf Schüller vor, sich für das neue Parteiprogramm nur die quasi FPÖ-kompatiblen Rosinen herausgepickt zu haben. Mit dem Begriff "christlich" im Parteiprogramm habe man aber "ein ziemlich explosives Gemisch" übernommen. Die FPÖ werde daher ihren Anhängern und Wählern auch das Unbequeme an den christlich-katholischen Positionen zumuten müssen. Die ausländerkritische Haltung der FPÖ sei einer der Punkte, die mit den Auffassungen der Kirche nicht vereinbar sei.

Auch in den Arbeitsgruppen der Tagung prallten die Standpunkte zum Teil heftig aufeinander: Caritas-Direktor Michael Landau und FPÖ-Abgeordneter Herbert Scheibner diskutierten die Positionen zum Thema "Umgang mit Fremden", FPÖ-Klubobmann Stadler und Michael Wilhelm, Sekretär der Bischofskonferenz, unterhielten sich über die "Gefahr der politischen Instrumentalisierung der Kirche" und im Arbeitskreis "Nächstenliebe und neue Armut" stießen erneut die Hauptkontrahenten aufeinander: Schüller und Haider.


 
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