© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    29/98 10. Juli 1998

 
 
Straßenumbennenung: Mackensen muß weichen
Unhaltbare Vorwürfe
Karl Galster

Im Berliner Bezirk Schöneberg versucht die Bürgermeisterin Elisabeth Ziemer (Bündnis 90/Grüne), sich für höhere Aufgaben zu empfehlen. So war sie eine der ersten, die anläßlich des "Christopher Street Day" vor ihrem Rathaus die sogenannte Regenbogenfahne als Ausdruck der Unterstützung der Homosexuellen hissen ließ. Nun hat sie mit einer Straßenumbenennung erneut von sich reden gemacht.

Stein des Anstoßes: Generalfeldmarschall August von Mackensen, Namenspatron für eine Straße im Stadtbezirk Schöneberg, mußte der jüdischen Künstlerin Else Lasker-Schüler weichen. Begründet wurde die Umbenennung mit dem Hinweis, Mackensen gelte nach neuesten Forschungsergebnissen als ein "Wegbereiter des Nationalsozialismus". Die Regionalpresse feierte dementsprechend die Straßenumbenennung als Sieg für Demokratie, Mitmenschlichkeit und eine "gelungene Vergangenheitsbewältigung". Unterstützung fand die Umbenennung auch bei Andreas Nachama, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in der deutschen Hauptstadt. "Menschen wie Else Lasker-Schüler fehlen Berlin heute", erklärte Nachama.

Doch darum ging es den Befürwortern der Umbenennung erst in zweiter Linie. Vor allem wollten sie den Namen Mackensen aus dem Straßenbild tilgen.

Dabei ist ihr Vorwurf, der Generalfeldmarschall habe den Nationalsozialisten den Boden bereitet, nicht zu halten. 1849 geboren, erwarb sich August von Mackensen seinen Ruf als Truppenführer im Ersten Weltkrieg, wo er 1914 bei der Schlacht von Tannenberg ein Armeekorps kommandierte. Später stieg er zum Oberbefehlshaber einer Armee auf. Er galt als Kavalier, achtete auf Disziplin bei seinen Untergebenen und war ein angesehener Truppenführer. Nach dem "Röhm-Putsch" 1934 protestierte Mackensen gegen die Ermordung der Generäle Schleicher und von Bredow. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges stand Mackensen bereits im 90. Lebensjahr, und die Deutsche Wehrmacht nutzte den populären Heerführer als Traditionssymbol für ihre Kavallerie; ein neu aufgestelltes Regiment führte seinen Namen. Im November 1945 verstarb Mackensen, der als Monarchist zwar dem Kaiserreich nachtrauerte, für Hitler und die Nationalsozialisten aber nichts übrig hatte. Trotzdem wurde sein Name jetzt aus dem Berliner Straßenverzeichnis entfernt.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen