© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/98  02. Oktober 1998

 
 
Hans Werner Neulen: Am Himmel Europas
Deutsche Verbündete
von Hermann Künne

In Westeuropa, ja selbst in Rußland ist das Interesse an seriöser Literatur über den Zweiten Weltkrieg größer als in Deutschland. So erreichte Werner Masers "Der Wortbruch" in Rußland eine höhere Auflage als im eigenen Land. Da ist es schon etwas Besonderes, wenn ein sauber recherchiertes Buch im deutschsprachigen Raum erscheint, das neue Erkenntnisse bietet. Hans Werner Neulens "Am Himmel Europas" dokumentiert die bisher ungeschriebene Geschichte der Luftwaffen und einzelnen Freiwilligen, die im Zweiten Weltkrieg mit Deutschland verbündet gewesen sind. Nach dem Fall des Eisernen Vorhanges konnte der Autor osteuropäische Archive auswerten und Zeitzeugen befragen, die jetzt ohne Angst über das, was damals gewesen ist, aussagen können.

Die Rolle der mit Deutschland verbündeten Luftstreitkräfte war wesentlich bedeutsamer, als bisher allgemein angenommen wurde. So stellten diese zeitweilig ein Viertel der gegen die Sowjetunion aufgebotenen Flieger und entlasteten die deutsche Luftwaffe erheblich: Zahlenmäßig am stärksten war die italienische "Regia Aeronautica", die in Deutschland einen chronisch schlechten Ruf hat. Zu Unrecht, denn die Flugzeugführer waren vergleichsweise gut, aber die schwächlichen Motoren und eine unzureichende Bewaffnung führten dazu, daß die italienischen Flieger in Luftkämpfen häufig das Nachsehen haten. Das Dritte Reich hat sich erst sehr spät entschließen können, Italien leistungsstärkere Motoren zu liefern. Diese kamen aber zu spät, um die italienische Luftwaffe in der erforderlichen Zahl mit guten Jagdflugzeugen auszustatten. Dabei hätte Italien technologisch durchaus etwas bieten können. Es verfügte über viermotorige Langstreckenbomber und Torpedobomber mit den dazugehörigen Lufttorpedos. Genau das aber war es, was der deutschen Luftwaffe und Marine fehlten. Eine Zusammenarbeit auf diesem Gebiet fand nicht statt, und so mußten die italienischen Jäger machtlos zusehen, wie eine Stadt nach der anderen ein Opfer der alliierten Angriffe wurde.

Absolutes Neuland ist die Rolle der französischen Flieger nach der Kapitulation Frankreichs im Juni 1940. So bombardierten am 24./25. September 1940 145 französische Bomber Gibraltar als Vergeltung für den völkerrechtswidrigen Überfall der Royal Navy auf die französische Flotte in Oran und Dakar.

Finnland, Rumänien und Ungarn steuerten im Feldzug gegen die Sowjetunion erhebliche Luftstreitkräfte bei. Zwar waren ihre Flugzeuge meist veraltet, doch spielte das an der Ostfront nicht die wichtige Rolle wie im Westen, weil die Sowjets selbst veraltete Flugzeuge einsetzten. Einen besonders guten Ruf erwarben sich die Flieger der erst 1941 aufgestellten kroatischen Luftwaffe. Die Slowaken und Bulgaren fielen eher weniger ins Gewicht. Dänen, Norweger, Russen, Franzosen, Belgier, Spanier, Esten und Letten kämpften als Freiwillige zumeist an der Ostfront.

Erfolgreichster Flugzeugführer war mit 94 Luftsiegen der finnische Stabsfeldwebel Eimo Ilmari Juutilainen. Auch der Rumäne Alexandru Serbanescu blieb 45 mal erfolgreich und distanzierte damit die besten britischen und US-amerikanischen Jäger deutlich. Tragisch war das Ende des erfolgreichsten italienischen Jagdfliegers Major Adriano Visconti. Er wurde nach Ende der Kämpfe in Italien von kommunistischen Partisanen ermordet. Genauso erging es allen kroatischen Fliegern, die in die Hand der Titopartisanen fielen.

Hans Werner Neulen: Am Himmel Europas, Universitas Verlag, Berlin 1998, 388 Seiten, 70 Abb., 48 Mark


 
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