© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    45/98  30. Oktober 1998

 
 
Niedersachsen: Kurden kaufen systematisch hochwertige Immobilien auf
890.000 Mark bar auf den Tisch
Hans B. von Sothen

Celle. Auf den ersten Blick eine verträumte, etwas verschlafene niedersächsische Provinzstadt. Vor Jahrhunderten war sie einmal die Residenzstadt der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg. Doch das ist lange her. Heute ist die Stadt immerhin noch Sitz eines traditionsreichen Oberlandesgerichts. Das Stadtbild ist geprägt durch Fachwerkhäuser aus dem 16. und 17. Jahrhundert. In Celle ist man konservativ. Man geht nicht zur Love-Parade, sondern zur Hengstparade oder zur Bullenkörung. Hier ist die Welt noch in Ordnung. So scheint es.

Doch die heile Welt hat seit einiger Zeit gefährliche Risse bekommen. Die Bürger sind verunsichert über das Verhalten einiger ihrer kurdischen Mitbewohner. Diese stellen in Celle etwa 2.600 der 73.000 Einwohner. Das sind dreieinhalb Prozent der Bevölkerung und das ist heutzutage an sich nichts Außergewöhnliches. Zu denken gibt vielen Menschen allerdings die Tatsache, daß die Kurden in der Kreisstadt massiv Häuser in bester Lage aufkaufen.

"Die sind zu zweit zu mir in die Stube gekommen und haben das Geld bar auf den Tisch gelegt", meinte ein alteingesessener Bürger gegenüber der Celleschen Zeitung. 890.000 Mark in Scheinen. Da sei er doch verdutzt gewesen. Woher das Geld komme? "Das weiß keiner, danach fragt man hier auch nicht." Aber was mit den Häusern passiert, das ist bekannt: "Die kündigen den Mietern und holen nach und nach ihre gesamte Familie in die Wohnungen. Oma, Opa, Geschwister, Vettern. Von der Sozialhilfe lassen sie sich dann den Hauskauf finanzieren", vermutet ein Celler. – Ein örtlicher Immobilenmakler: "Die wollen nicht mehr irgendwohin ziehen, die wollen in bessere Wohnlagen." In umliegenden Gemeinden wie Großenmoor und Bergen sieht man die Lage ähnlich: "Viele Kurden gehen wie wir geregelter Arbeit nach. Aber wir können uns nicht solche Häuser leisten. Und dazu fahren die nichts, was schlechter ist als BMW."

Glaubt man einer vor kurzem von Celles Oberstadtdirektor Martin Biermann (CDU) veröffentlichten Studie, dann haben Kurden in Celle und Umgebung in den letzten Jahren Immobilien im Werte von etwa 100 Millionen Mark erworben. Diese Studie war nicht ohne Widerstand höherer Stellen in Hannover zustandegekommen. Noch im Januar 1998 war Biermann wegen "datenschutzrechtlicher Bestimmungen" verboten worden, Daten des Sozialamtes etwa mit denen des Liegenschaftsamtes abzugleichen.

Damals war Biermann noch auf Mutmaßungen angewiesen: "Wenn bei uns in Celle rund 2.500 kurdische Türken leben", so der Chef der Stadtverwaltung, "und gut die Hälfte davon Sozialhilfe bezieht, dann ist es für mich
höchst verwunderlich, daß es dieser Bevölkerungsgruppe gelingt, Immobilien im Wert eines zweistelligen Millionenbetrages zu kaufen. Da drängt sich doch die Frage auf: Woher kommt das Geld?"

Nicht nur der Oberstadtdirektor hat seine Ahnungen über die Herkunft des Geldes. Auch Hannovers Polizeipräsident Hans-Dieter Klosa glaubt, es werde "immer deutlicher, daß mit den Einnahmen aus Heroinverkäufen der Erwerb von Immobilien und Firmen finanziert wird." Er vermutet, kurdische Dealer legten ihre Gewinne in ganz normalen Mietshäusern an. Die Fakten nährten den Verdacht, so wiederum Biermann, daß viele Immobilien mit illegal erworbenem Geld aus Schutzgelderpressungen, Drogengeschäften, Menschenhandel und Prostitution getätigt würden.

Lange Zeit wollte man in der Landeshauptstadt Hannover unter Ministerpräsident Schröder von den Celler Problemen nichts wissen. Generalstaatsanwalt Manfred Endler etwa wurde nach einer Besprechung mit seiner Dienstherrin, der Innenministerin Heidi Alm-Merk (SPD), zur Räson gebracht. Frühere Äußerungen zum Celler Immobilienskandal und zur Ausländerkriminalität mußte er zurücknehmen oder relativieren.

Diese Laissez-faire-Politik hatte im Niedersachsen Gerhard Schröders Tradition: Bereits im April 1993 erklärte der Präsident des Hannoverschen Verwaltungsgerichts, Karl-Heinz Dreilocker, gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, dem Verwaltungsgericht sei "im übrigen auch bekannt, daß die Landesregierung dem Landeskriminalamt in bestimmten Fällen untersage, abschiebebereiten Ausländerbehörden bei der Abschiebung Amtshilfe zu leisten". Zuständige Dienstherren: Justizministerin Alm-Merk und der damalige Innenminister und heutige Ministerpräsident, Gerhard Glogowski.

Die aus Hannover vorgegebene Lesart, in Celle habe es allenfalls Verstöße gegen steuerrechtliche Bestimmungen gegeben, nahm dort niemand ernst. Inzwischen ist zumindest Glogowski offenbar doch etwas nachdenklicher geworden. In einem Interview mit der genannten Zeitung am 29. Januar 1998 nahm er zu den Celler Vorkommnissen Stellung. Es sei, so Glogowski, "bekannt, daß in Hannover die Prostituierten-Szene von Kurden und Kosovo-Albanern beherrscht" werde. "Und wir wissen auch, daß es im Umfeld der verbotenen PKK bei uns im Lande Kriminalität gibt". Aber es gebe auch anders geprägte kurdische Banden.

Das weist auf ein weiteres Problem: Bei den Celler Kurden handelt es sich nämlich zum ganz überwiegenden Teil um die auch von islamischen Kurden religiös verfolgte Minderheit kurdischer Yeziden. Die ersten in Deutschland lebenden Mitglieder dieser Religion hätten sich, so die Pressesprecherin der Stadt Celle gegenüber dieser Zeitung, zunächst schwerpunktmäßig in Bayern angesiedelt. Erst als die bayerische Staatsregierung um 1973 auf einer gleichmäßigen Verteilung der Yeziden über ganz Deutschland bestanden habe, seien diese vermehrt nach Celle gekommen und hätten dort seitdem ihren europäischen Ansiedlungschwerpunkt eingerichtet.

Die Yeziden fanden bei den schwerpunktmäßig islamisch ausgerichteten kurdischen Gruppierungen keine Anerkennung. Sie sind deshalb häufig im politischen Umfeld der als terroristische Organisation in Deutschland verbotenen laizistischen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) zu finden. Ihre stark vom alten Zarathustra-Glauben geprägte Religion wird von den islamischen Kurden gnadenlos verfolgt, da es sich hierbei nicht um eine "Schriftreligion" wie bei dem Christentum oder dem Judentum handelt, die im Islam zumindest geduldet werden. Die Yeziden leben extrem abgeschottet und sind in aller Regel nicht bereit, sich ihrer deutschen Umgebung anzupassen. Das treffe, so Stefan Dietrich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in Celle vermehrt für die zweite und dritte Generation der Yeziden zu.

Für die jüngsten unter ihnen sei es inzwischen zur ersten Mutprobe geworden, "deutsche Altersgenossen zu bespucken, zu beschimpfen, zu schlagen und auf Schulhöfen kurdische Zonen abzustecken, die von anderen nicht betreten werden dürfen. Auch kurdische Mädchen werden immer häufiger auf diese Weise aktiv. Wer sich nicht wehrt, bekommt die ganze Verachtung dieser Jugend zu spüren, deren Idole die Märtyrer des kurdischen Freiheitskampfes sind." Sich zu wehren sei aber auch nicht ratsam, da die Angreifer stets in der Überzahl seien. Deutsche Schüler reagieren inzwischen immer mehr mit Wut, Ohnmacht und Ablehnung gegenüber allem Türkischen. Eine vollkommene Abschottung und Trennung sei die Folge. Die Republikaner erzielten bei den niedersächsischen Landtagswahlen in Celle und Celle-Land entgegen dem Landestrend jeweils über sechs Prozent der Stimmen.

Die Verachtung kurdischer Kinder für ihre deutschen Altersgenossen, die sich nicht wehrten, so Dietrich, pflanze sich fort "in der Verachtung für einen Staat, der sich nicht wehrt". Viele Straftaten blieben daher ungesühnt, weil sich Deutsche aus Angst vor Rache und Gewalt nicht mehr zur Wehr setzten.

Überdies komme es immer häufiger vor, daß kurdische Schüler einfach für mehrere Wochen der Schule fern blieben. Diese besuchten Verwandte, heißt es dann. Doch jeder weiß: Sie sind in einem militärischen Ausbildungslager der PKK in Syrien, dem Libanon oder sonstwo. Weitere Fragen prallen auf eine Mauer des Schweigens.

Die immer unverblümteren politischen Demonstrationen stoßen daher auf den Unwillen vieler Bürger. Aufmärsche zum kurdischen Neujahrsfest Nouruz etwa gipfeln regelmäßig in Kundgebungen für den PKK-Führer Öcalan. Die Verbindungen der Celler Kurden zur PKK sind offenbar ausgezeichnet. Erst im April 1996 wurde hier der damalige "Finanzminister" der PKK, Murat Ekinci, verhaftet. Zufällig hatte er "Spendengelder" in Höhe von 163.000 Mark bei sich.

Das "gesamte kurdische Milieu in der Stadt", so Oberstadtdirektor Biermann, sei "stark PKK-belastet". Daß es sich beim Verkauf der Häuser an Kurden "um Geldwäsche im großen Stil" handle, bei der die PKK ihre Hände im Spiel habe, vermutete auch Generalstaatsanwalt Endler. Nur nachweisen lasse sich bislang bedauerlicherweise nichts.


 
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