© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    46/98  06. November 1998

 
 
SED-Diktatur: Bundesstiftung will aufklären
Gefährdete Archive
(JF)

Mit sechs hauptamtlichen Mitarbeitern hat am Montag die Stiftung für die Aufarbeitung der SED-Diktatur in Berlin offiziell ihre Arbeit aufgenommen. Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung ist der ehemalige Bürgerrechtler und letzte Verteidigungsminister der DDR im Kabinett de Maizière, der heutige CDU-Bundestagsabgeordnete Rainer Eppelmann.

Die vordringliche praktische Arbeit der Stiftung besteht nach Angaben des Stiftungsratsvorsitzenden Markus Meckel (SPD) vor allem in dem Erhalt von Dokumenten wie Aufrufen, Flugblätern und sonstigen Publikationen, die unter den Bedingungen des Kopierverbots in der DDR mühselig auf meist illegal abgezogenen Wachsmatrizen entstanden sind. Ganze Archivbestände von Opferinitiatven seien inzwischen gefärdet, weil die Tinte ausbleicht, erklärte Meckel, der 1990 letzter Außenminister der DDR war und heute ebenfalls dem Bundestag angehört.

Ziel der Stiftung, die aus den beiden Enquetekommissionen des Bundestages zur Aufarbeitung der SED-Diktatur hervorgegangen ist, ist es nach eigenen Angaben, der Verschleierung und nostalgischen Verklärung des diktatorischen Charakters der SED-Herrschaft entgegenzuwirken. Zu diesem Zweck sollen die entsprechenden Initiativen und Opferverbände von der Stiftung finanziell gefördert werden. Eine Zusammenarbeit mit der PDS schließen die Stiftungsverantworlichen dabei nicht aus. In der Stiftungsarbeit selbst ist die PDS allerdings personell nicht eingebunden, da sie im alten Bundestag noch nicht in Fraktionsstärke vertreten war.

Für dieses Jahr hatte der alte Bundestag der Stiftung 1,3 Millionen Mark zur Verfügung gestellt, von denen die Hälfte bereits ausgegeben ist. So sind von den 80 eingegangenen Anträgen für den Erhalt von Schriftgut der DDR-Opposition 35 bewilligt worden. Für das kommende Jahr waren der Stiftung 3,1 Millionen Mark in Aussicht gestellt worden. Ob es bei dieser finanziellen Ausstattung unter den veränderten Mehrheitsverhältnissen im Bundestag bleibt, ist nach Angaben von Rainer Eppelmann noch unklar.


 
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