© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    46/98  06. November 1998

 
 
Meldungen

Ermittlungsverfahren gegen Le Pen eingeleitet

MÜNCHEN. Die Staatsanwaltschaft München hat jetzt gegen den Vorsitzenden des Front National, Jean-Marie Le Pen, ein offizielles Ermittlungsverfahren eingeleitet, nachdem das Europäische Parlament vor vier Wochen die Immunität des Abgeordneten aufgehoben hatte (die JF berichte). Wie Oberstaatsanwalt Peter Schlicht mitteilte, ist ein Rechtshilfegesuch an die französischen Behörden geplant. Le Pen soll sich vor einem französischen Richter zu dem Vorwurf der Volksverhetzung äußern. Der Politiker hatte im Dezember vorigen Jahres auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Ex-Republikaner-Chef Franz Schönhuber die Gaskammern im Dritten Reich als "Detail der Geschichte" bezeichnet. Nach Angaben der Staatswanwaltschaft kann Le Pen weiter gefahrlos in die Bundesrepublik einreisen. "Kein Mensch denkt an einen Haftbefehl", sagte Schlicht vorigen Freitag in München. Bis zum Ende der Ermittlungen könnten noch Wochen vergehen.

 

US-Repräsentantenhaus motiviert Enteignungsopfer

WASHINGTON. Mit Genugtuung wird bei Opfern von Enteignungen eine Resolution des US-Repräsentantenhauses vom 13. Oktober 1998 aufgenommen, in der das Gremium die einst totalitären Staaten Mittel- und Osteuropas auffordert, widerrechtlich enteigneten Besitz den rechtmäßigen Eigentümern zurückzugeben oder – wenn eine Rückgabe nicht mehr möglich ist – "unverzüglich" finanzielle Entschädigung nach "gerechten, allgemeinverständlichen und fairen Grundsätzen" zu gewähren. Besondere Beachtung findet bei Sudetendeutschen, daß die Tschechische Republik sogar namentlich aufgefordert wird, alle Hindernisse zu beseitigen, die einer Wiedergutmachung im Wege stehen.

 

Kock: Die Angst vor dem Islam wird immer stärker

MÜNSTER. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Manfred Kock, sorgt sich um das Zusammenleben mit den Moslems in Deutschland. Die Angst vor einem aggressiven Islam verstärke sich, sagte er vor der EKD-Synode in Münster. Debatten etwa um den lautsprecherverstärkten Muezzinruf würden nicht nur von einigen konservativen Christen geführt. Kock warnte jedoch davor, den Islam nur auf den Fundamentalismus zu reduzieren und die "humanistischen Kräfte" zu unterschätzen. Für das Zusammenleben mit den rund drei Millionen Muslimen in Deutschland gelte es, "diese Kräfte zu stärken, dabei den Islam kennenzulernen in seinen Wurzeln und in seiner Spiritualität". Verärgert zeigte sich Kock außerdem über "fundamentalistische Kräfte" im Protestantismus, die "ein Zerrbild der Situation unserer Kirche" propagieren. Es gebe "extremistische konservative Minderheiten", die die Ansicht verträten, die EKD sei verrottet. Solcherlei Diskussionen seien "gespenstisch", so Kock.

 

Schriftsteller Walser als Extremist beschimpft

BERLIN. Bei einer Lesung des Schriftstellers Martin Walser im Berliner Ensemble kam es zu Protesten linker Jugendlicher. Von den Rängen des Theater flatterten Flugblätter mit der Warnung "Vorsicht: Rechtsextremistischer Intellektueller". Darunter ein Hinweis, warum eine Diskussion abgelehnt wird: "Als wahre ‘Meinungssoldaten’ verweigern wir uns jedem Diskurs mit Herrn Walser."


 
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