© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/98  13. November 1998

 
 
Islam an der Schule
von Herbert Bath

Ein Urteil schlägt Wellen. Das Berliner Oberverwaltungsgericht (OVG) hat die Schultüren für den islamischen Religionsunterricht geöffnet. Es geht um die Frage, ob die klagende Islamische Föderation eine Religionsgemeinschaft ist, denn nach dem Berliner Schulgesetz ist der Religionsunterricht Sache der Kirchen, Religions- und Weltanschuungsgemeinschaften. Das Verwaltungsgericht hatte die Frage verneint, weil die Föderation Vereine unterschiedlichen Charakters umfaßt, was religiöse Richtungen und zum Beispiel politische Ziele angeht. Das OVG sah das jedoch ganz anders. Nun sind allerdings die Türken großenteils darüber ebensowenig erfreut wie die meisten Deutschen. Viele Türken wollen ihre Kinder nicht in einen politisch angehauchten Religionsunterricht schicken, denn die Föderation ist mit der türkischen Organisation Milli Görüs verflochten, die als fundamentalistisch gilt und vom Verfassungsschutz für gefährlich gehalten wird. Die Richter des OVG wußten das nicht, die Schulverwaltung hatte es ihnen nicht vorgetragen.

Die Reaktionen auf das Urteil klingen von deutscher Seite meist absonderlich. Die CDU möchte das Schulgesetz ändern und Eberhard Diepgen den Religionsunterricht als staatliches Wahlpflichtfach in Korrespondenz mit einem obskuren Schulfach Ethik regeln. Ob das den islamischen Religionsunterricht verhindern könnte, bleibt dahingestellt – besonders, wenn die deutsche Straatsangehörigkeit an türkische Kinder von der rot-grünen Regierung freizügig verliehen wird. Die SPD möchte das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes über die Verhältnisse in Brandenburg abwarten. Vielleicht gibt es grünes Licht aus Karlsruhe, den Religionsunterricht als Schulfach gänzlich zu streichen und durch ein beliebiges Fach wie Lebenskunde-Ethik-Religion (LER) zu ersetzen. Die Berliner Ausländerbeauftragte findet das Urteil gut. Nur müßten sich, meint sie blauäugig, erst alle Türken wegen einer einheitlichen Konzeption an einen Tisch setzen. Der evangelische Bischof Huber freut sich, daß der islamische Religionsunterricht endlich am Vormittag in der Schule stattfinden kann, statt am Nachmittag in den Koranschulen. Dazu steht im letzten Berliner Verfassungsschutzbericht, daß die Islamische Föderation nachmittags Zeltlager abhält und Wettbewerbe im Vorlesen von Koransuren veranstaltet. Kein Wunder, daß auch die GEW die Föderation für eine politische Organisation hält, die keinen Religionsunterricht erteilen dürfe. Die ganz Schlauen stellen sich vor, daß der Koran auf Deutsch unterrichtet wird. Nur weiß keiner, wie man das macht und wer es macht. Ob sich da am Ende einige Multikultis ins eigene Knie geschossen haben?


 
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