© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/98  13. November 1998

 
 
Von der Negation zum neuen Denken
von Matthias Bath

Es scheint modern zu werden, sich in einem Forumbeitrag in der JF vom rechten bzw. nationalen Denken zu verabschieden. Beispielhaft haben dies Angelika Willig mit ihrem Bekenntnis zum Ökonomismus und Jürgen Hatzenbichler mit seiner zwar scharfsinnigen, aber letztlich doch perspektivlosen Analyse getan.

Angelika Willig muß man dankbar sein, offenbart ihr Beitrag doch die fehlerhaften Prämissen des Zeitgeistes des Jahres 1998, für den er stellvertretend steht. Zunächst wird schon verkannt, daß wir Menschen nicht nur von rationalen und materiellen Aspekten bestimmt werden, sondern auch emotionale und immaterielle Empfindungen und Bedürfnisse haben. Das Streben nach Geld und Konsum vermag allein auf Dauer nicht zu befriedigen und mündet in geistige Orientierungslosigkeit. Folgt man der Prämisse von der Allgemeingültigkeit der Herrschaft des Geldes unter Ablehnung aller ideellen Werte, gelangt man im übrigen nicht nur zur Verneinung der Nation, sondern auch zur "Pathologisierung und Kriminalisierung" des Christentums, der anderen Religionen und jeder gewachsenen kulturellen und sittlichen Bindung. Übrig bliebe nur die Herrschaft des Geldes, der Marktmechanismen und ökonomischer Erfordernisse.

Abgesehen davon, daß auch diesem Glauben an den Ökonomismus, zum Dogma verklärt, etwas Ersatzreligiöses und damit aus der Sicht von Willig Pathologisches anhaftet, trifft aber auch die weitere Prämisse nicht zu, daß der Ökonomismus "Ausdruck einer Aufklärung" sei, die zur Befriedigung der (materiellen) Bedürfnisse der Menschheit führe. Bereits Willig räumt zutreffend ein, daß die Ressourcen nicht zur Befriedigung aller Bedürfnisse aller ausreichen, so daß das Geld die Möglichkeit der Menschen reguliere.

Bei der Frage der Verteilung des Geldes stößt der Ökonomismus aber bereits an seine Grenzen. Die unbeschränkte Herrschaft des Marktes führt über Globalisierung und Monopolisierung ("one world") zur Konzentration immer größerer Geldmengen in immer weniger Händen. Davon ausgeschlossen bleiben die Millionen von Modernisierungsverlierern, denen der Ökonomismus letztlich nicht einmal die elementarsten Bedürfnisse zu gewährleisten vermag. Am Ende bleibt der Masse weder gutes Essen noch bequemes Wohnen, von der Wahlfreiheit des "Vornehmen" ganz abgesehen. Die Anfänge dieser Entwicklung sind bereits allenthalben unübersehbar, auch wenn es den Deutschen gegenwärtig noch recht gut gehen mag. Im Ergebnis führt der Ökonomismus zur Verelendung der Völker.

Angesichts dessen braucht man nicht Philosophie zu studieren, um politische Theorien der Rechten zu entwickeln. Die Fragen des Lebens stellt die Wirklichkeit selbst. Angesichts dessen ist nur zu fragen, wie man einer als negativ erkannten Entwicklung entgegentreten kann. Wer verspricht Abhilfe?

Ganz gewiß die verbrauchten Ideen einer internationalistischen, kosmopolitischen Linken. Diese sitzt mit den Globalisierern nämlich schon längst in einem Boot. Was soll man etwa von Gewerkschaften halten, die zum Protest gegen Ausländerfeindlichkeit aufrufen, während diese Ausländer als industrielle Reservearmee und Lohndrücker gleichzeitig den Gewerkschaftsmitgliedern deren Arbeitsplätze und wirtschaftliche Existenz streitig machen. Die Förderung der Zuwanderung aus der Dritten Welt nach Europa dient nicht nur der Auflösung der Europäischen Völker, sondern bedeutet zugleich den Import von zahllosen Billigarbeitskräften, die das Europäische Tarif- und Sozialniveau unterminieren. Alle Sozialisten, die davor die Augen verschließen, verraten bereits die einheimische Arbeiterschaft, die sie doch angeblich vertreten wollen.

Abhilfe ist auch nicht von den etablierten Altparteien der politischen Mitte zu erwarten, sind diese doch mehr oder weniger ausgeprägt die politischen Repräsentanten von Globalisierung, Deregulierung und Monopolisierung von Wirtschaft und öffentlichem Leben.

Abhilfe verspricht lediglich die Besinnung auf die Kräfte des eigenen Volkes, der eigenen Nation. Diese Besinnung entspricht zugleich dem elementaren Bedürfnis der Menschen nach Sinnstiftung in einem für sie emotional erfaßbaren, natürlichen Bezugsrahmen. Horst Mahler hat dies im Juni 1998 in der JF auf die treffende Formel gebracht: "Die von einem neuen Geist beseelte Nation wird die vermeintlichen Sachzwänge des Marktes brechen und das Leben des Gemeinwesens gegen das Spekulationskapital sichern."

Wer Träger dieser Veränderungen sein wird, ist im Grunde unwichtig. Aber bekanntlich gibt es in Deutschland keine nationale, sondern nur eine internationale Linke, und die Parteien der bürgerlichen Mitte sind mit der Linken in einem antinationalen Grundkonsens vereint. Offen für ein neues politisches Denken auf nationaler Grundlage dürfte somit nur die zumindest in Deutschland im Moment bedeutungslose politische Rechte sein, die damit die einzige Kraft wäre, die sich der beschriebenen Aufgabe stellen könnte.

National orientierte Wirtschaftspolitik müßte zunächst in jedem Fall den einheimischen Mittelstand – oder was von ihm im Gefolge der bisherigen Wirtschaftspolitik noch übrig geblieben ist – unterstützen, unter gleichzeitiger Abkehr von der Förderung der multinationalen Großkonzerne. Handwerk und mittelständische Industrie sind standortverbunden. Ihre Interessen decken sich im Regelfall mit denen ihrer Heimat. Das Großkapital hingegen hat keine Heimat und folgt nur den Gegebenheiten des Ökonomismus. Seine Gewinne werden nicht unbedingt am Ort ihrer Erzielung versteuert, sondern oftmals mittels weltweiter Kapitalverschiebungen in exotischen Steueroasen.

Die Frage, was im einzelnen weiter zu tun wäre, hängt davon ab, wie weit die Entwicklung von Globalisierung und Monopolisierung und der damit verbundene soziale Verelendungsprozeß vorankommen. Vielleicht würde es reichen, die soziale Marktwirtschaft der Jahrzehnte nach 1949 unter Ergänzung durch eine nationale Komponente zu verteidigen? Vielleicht wäre aber auch eine Regionalisierung der Weltwirtschaft in mehrere voneinander getrennte Wirtschaftszonen erforderlich? Vielleicht bedürfte es aber auch, damit Wohlstand und nationale Identität erhalten bleiben, eines grundsätzlich anderen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems?

Es ist durchaus wahrscheinlich, daß Globalisierung und Monopolisierung noch einige Zeit voranschreiten werden, bis ihre Folgen so schmerzhaft sind, daß die Völker erwachen und nationale Bestrebungen mehrheitsfähig machen. Im übrigen werden auch hierbei nationale Alleingänge ausgeschlossen sein. Sie versprechen aufgrund der wirtschaftlichen Gegebenheiten keinen Erfolg für den aus der Globalisierung ausscherenden Einzelstaat. Erfolgsversprechend erscheint nur noch das Zusammenwirken nationaler Kräfte aus einer Vielzahl von Ländern, nicht zur Verfolgung supranationaler Ziele, sondern zur gemeinschaftlichen Renationalisierung ihrer Volkswirtschaften. Relevante Ansätze hierzu sind, wenn man von Deutschland einmal absieht, in einzelnen Ländern Europas bereits durchaus sichtbar.

Soweit Jürgen Hatzenbichler dagegen meint, daß statt Nation "rundherum überall nur mehr Gesellschaft existiert" und in Übereistimmung mit Angelika Willig davon ausgeht, Nation sei nur über Zwang und Unfreiheit durchsetzbar, erscheint dies abstrus. Man muß sich nur einmal unsere europäischen Nachbarländer Frankreich und Großbritannien ansehen, um zu erfassen, was Nation darstellt. Nur der deutschsprachige Raum bildet in dieser Hinsicht in Europa seit 1945 eine Ausnahme . Aber auch hier ist dies vielleicht nur eine Frage der politischen Meinungsbilder und Entscheidungsträger. Die Nation ist zwar vorhanden, bleibt aber im öffentlichen Meinungsbild unerwähnt. Ein echter Wechsel im Bereich der Meinungsbildner und Entscheidungsträger würde hier Wunder wirken. Außerdem schließen sich die Begriffe Gesellschaft und Nation nicht aus. Jede Nation ist gesellschaftlich struktruiert. Soweit unterstellt wird, Nation sei nur unter Zwang und Unfreiheit durchsetzbar, stellt dies zudem die Realität im Europa und insbesondere im Deutschland des Jahres 1998 auf den Kopf. Heute werden hierzulande doch ausschließlich nationale Bestrebungen kriminalisiert und deren Wortführer ins Gefängnis gesteckt, um sie mundtot zu machen. Vielleicht läßt sich auch das System des Ökonomismus nur durch Zwang , nämlich zum Verzicht, das Streben nach nationaler Identität öffentlich zu artikulieren, aufrecht erhalten? Dann bedeutet dieser Verzicht aber die Aufgabe der Freiheit, weil bestimmte politische Optionen nicht mehr gedacht werden dürfen.

Es mag natürlich auch sein, daß derartige Denkverbote sich durchsetzen und alles ganz anders kommt, als hier skizziert. Die Geschichte würde dann über uns Deutsche und möglicherweise auch andere europäische Völker hinweggehen. Aus Verantwortung gegenüber unseren Kindern und Kindeskindern sollten wir aber auf eine lebenswerte Zukunft unseres Volkes hinwirken. Und diese Zukunft heißt Deutschland!


 
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