© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/98  20. November 1998

 
 
Greenpeace: Die Umweltschützer hantieren mit der Goebbels-Keule
Finstere Agenten wehren sich
Peter D. Richard

In einem offenen Brief greift der Eichborn-Verlag die publizistischen Methoden von Greenpeace an. Grund: Der Umweltverband verbreite in seinem Magazin Lügen und Verleumdungen gegen die Eichborn-Autoren Michael Miersch und Dirk Maxeiner ("Lexikon der Öko-Irrtümer").

Norbert Schnorbach, ehemaliger Greenpeace-Pressesprecher, erhebt in einem Beitrag für das Greenpeace-Magazin schwere Vorwürfe gegen die ökokritische Abhandlung der beiden renommierten Umweltjournalisten: "ln ihrem neuen Lexikon scheuen sie sich nicht, den Nazi-Propagandisten Goebbels für ihre Agumentation zu zitieren. Und sie nennen Nationalsozialismus, Kommunismus, totalitäre Ideologien und Ökologismus in einem Atemzug. Hier sind alle vernünftigen Maßstabe verloren gegangen."

Der Eichborn-Verlag verlangt von Greenpeace eine Richtigstellung und Ehrenerklärung für Miersch und Maxeiner. "Wir erwarten Aufklärung darüber, warum sich Greenpeace in eine derart ehrabschneiderische Polemik flüchtet", schreibt Wolfgang Ferchl vom Eichborn-Verlag. Greenpeace sei wohl nicht in der Lage, sich mit wohlerwogenen und kritischen Einwänden gegen Postulate der Umweltbewegung auseinanderzusetzen. "Zieht sich Greenpeace aus der Umweltdiskussion auf die Position einer Sekte zurück, deren Thesen wie Glaubenssätze sakrosankt sind", fragt sich Ferchl. Das Zitat von Miersch/Maxeiner in ihrem Buch "Lexikon der Öko-Irrtümer" sage genau das Gegenteil der Greenpeace Berichterstattung aus. Sie zitieren nicht Goebbels, sondern Albert Einstein, der sich gegen die wissenschaftsfeindliche Hetze der Nazis ausspricht. Im Buch heißt es wörtlich: "Wissenschaftliche Erkenntnis ist grundsätzlich keine Frage der Mehrheit. Galileo Galilei war zu seiner Zeit genauso wenig mehrheitsfähig wie Einstein. Als der Nazi-Propagandist Goebbels forderte, ’100 deutsche Wissenschaftler müssen gegen Einstein aufstehen", ließ Einstein müde ausrichten: ‘Einer würde genügen‘."

Die polemischen Attacken der Umweltschutzorganisation erinnern Michael Miersch an die Debatte um das "Schwarzbuch des Kommunismus". Empört rief ein Teil der Linken, man dürfe das große Ideal nicht mit häßlichen Fakten beschmutzen. Man solle dem einfachen Volk die Aufklärung nur in homöopathischen Dosen verabreichen, weil es sonst vom Glauben abfallen könnte. Zwar stehen nach Meinung von Miersch die kommunistischen Verbrechen in keinem Verhältnis zu den Irrtümern des Ökologismus. Doch die Denkstrukturen dieser beiden weltlichen Religionen gleichen sich. Beide gehen ganz ähnlich mit unbequemen Wahrheiten um. "Man weiß mittlerweile, daß das Waldsterben ein Mythos war. Doch anstatt darüber zu reden, wechselt man Wörter aus. Statt ’Waldsterben‘ heißt es jetzt ’Waldschaden‘. Wie einst in Moskau kann man die aktuelle Parteilinie nur anhand abgewandelter Formeln erahnen", so Miersch. Weil der frühere Greenpeace Sprecher keine stichhaltigen Argumente zu bieten hat, "schmeißt er mit Dreck. Nach der Devise ’Irgendwas bleibt immer hängen‘ stellt er Maxeiner und mich als finstere Agenten im Dienste der Bild-Zeitung und der Firma Hoechst dar". Miersch hält es nicht für verwerflich, wenn die Bild-Zeitung Auszüge aus dem Lexikon abdruckt. Bisher war das Blatt doch bei Greenpeace immer hoch willkommen. In seinem öffentlichen Gebaren sollte sich der Umweltverband lieber an die eigenen moralischen Grundsätze halten.

Miersch: "Derzeit ist der Moralmulti ein schwer durchschaubares Geflecht aus Vereinen, Holdings und Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Im Gegensatz zu anderen Umweltgruppen herrscht bei Greenpeace eine nicht gewählte Führung über streng hierarchisch organisierte Kader. Kaum ein Spender weiß, wie viele Tochter-Firmen Greenpeace hat und wieviel von seinem Geld in Verwaltung und Werbung fließt. Wer sich damit kritisch beschäftigt, wird mit Prozessen überzogen."

Selbstkritik oder gar eine Distanzierung von der verleumderischen Berichterstattung gegen die beiden Buchautoren Miersch und Maxeiner war bisher von den Regenbogen-Aktivisten nicht zu hören. Die Greenpeace-Pressestelle gibt sich gelassen. "Bisher haben wir keinen Grund, nicht hinter dem Artikel zu stehen."


 
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