© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    52 u. 53/98  18. Dezember / 25. Dezember 1998

 
 
Meldungen

Menschenrechte gelten auch für Vertriebene

BONN. Auf einer Gedenkveranstaltung zum 40. Jahrestag des Bundes der Vertriebenen hat die Präsidentin Erika Steinbach die Bundesregierung aufgefordert, den Anliegen der Vertriebenen mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Die 15 Millionen Vertriebenen seien "schuldlose Opfer schwerster Menschenrechtsverletzungen". Ihre Vorstellungen gehörten deshalb in einen Kontext mit der Menschenrechts- und Außenpolitik. "Menschenrechte", so die BdV-Präsidentin, "sind unteilbar. Sie gelten auch für Deutsche." Besonders die Beitrittsanwärter zur Europäischen Union dürften sich ihrer Verantwortung nicht entziehen, wenn sie der europäischen Rechts- und Wertegemeinschaft angehören wollten. Doch das Bewußtsein über das geschehene Unrecht, so Frau Steinbach, sei bei den östlichen Nachbarn ausgeprägter als in der Bundesrepublik.

 

Bundesnachrichtendienst wahrt deutsche Integrität

KARLSRUHE. Die seit 1994 vom BND praktizierte automatische Überwachung elektronischer Kommunikationswege, die die deutsche Grenze überschreiten, ist Grund einer seit Dienstag am Bundesverfassungsgericht verhandelten Verfassungsbeschwerde. Der Pullacher Auslandsgeheimdienst hört Telefongespräche mit ausländischen Gesprächspartnern, in denen bestimmte Suchbegriffe von nachrichtendienstlichem Interesse fallen, automatisch mit. Gegen diese seit 1994 durch das "Verbrechensbekämpfungsgesetz" legitimierte Praxis reichte Strafrechtsprofessor Michael Köhler, der als Experte für Drogenkriminalität und -handel arbeitet, Klage ein. Der Kläger wird von Journalisten und der Tageszeitung unterstützt. Nach deren Meinung verletzen diese Abhörpraktiken das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die Pressefreiheit. Vor allem stehe der Aufwand, den der BND für die Erfassung treibe, in keinem Verhältnis zu den von der Pullacher Behörde selbst veröffentlichten Ergebnissen. Täglich würden danach lediglich 15 Meldungen in der Abteilung Auswertung zur Kenntnis genommen, die gegebenenfalls an die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben werden. Innenstaatssekretär Schapper verteidigte als Vertreter der Bundesregierung diese Überwachung des internationalen Fernmeldeverkehrs. Die Abhörbefugnisse seien notwendig, um die "politische Integrität und Handlungsfähigkeit" der Bundesrepublik zu gewährleisten.

 

Fundsache:

"Walser: Ich habe nur gesagt, wie es mir geht. Und darin haben andere gesehen, wie es ihnen geht. Und wenn Sie mir das madig machen wollen, weil die Nationalzeitung damit Mißbrauch macht, dann schränken Sie einfach das Gewissen wieder ein auf das, was die Nationalzeitung nicht mißbrauchen kann. Entschuldigen Sie, das ist mir für mein Gewissen zu wenig.

Bubis: Es ist nicht nur die Nationalzeitung.

Walser: Ja, dann ist es halt noch eine mehr. Lesen Sie die?

Bubis: Nein, nein.

Walser: Also.

Bubis: Ich bekomme sie zugeschickt. Die JUNGE FREIHEIT wollte mich einmal zu einer Antwort provozieren. Dreimal hintereinander hat sie mir ihre Kommentare zugeschickt. Nur, ich habe darauf nicht reagiert."

Aus dem Gespräch zwischen Martin Walser und Ignatz Bubis, dokumentiert in der "FAZ" vom 14. Dezember1998


 
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