© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    04/99 22. Januar 1999


Kostenlose Munition
von Ronald Gläser

In den deutschen Kinos ist unlängst das Remake des erfolgreichen amerikanischen Thrillers "Psycho" angelaufen. Seit Sonntag läuft in der politischen Arena der deutschen Hauptstadt ebenfalls eine Wiederholung. Mit der Rückkehr von Walter Momper auf das politische Parkett wird der Zustand von vor zehn Jahren wiederhergestellt. Der bedeutende Unterschied liegt darin, daß Walter Momper heute kein unbeschriebenes Blatt mehr ist.

So wissen die Hauptstädter heute, was sie erwartet, wenn Walter Momper mit Hilfe der PDS ins Rote Rathaus zurückkehrt: Kriminelle Gewalttäter gehen dann wirklich ungeschoren nach Hause, während den Autofahrern schon wegen Geschwindigkeitsübertretungen langjährige Haftstrafen drohen. Durch die sogenannte Strategie der Deeskalation werden die Problembezirke der deutschen Hauptstadt zum Spielplatz für asoziales Gesindel. Auf Kosten der Gesamtheit der Steuerzahler werden staatlich geförderte Frauencafés und Schwulenclubs aus dem Boden sprießen, während die Feierlichkeiten anläßlich des 3. Oktobers aus finanziellen Gründen ausfallen werden. PDS-Senatoren werden die Verwaltung umkrempeln und eine Quote für ehemalige vietnamesische Gastarbeiter bei der Vergabe von Stellen im öffentlichen Dienst einführen.

1989 war der Mann mit dem roten Schal aufgrund des Scheiterns der FDP an der Fünf-Prozent-Klausel in der Lage, eine mehrheitsfähige Koalition mit den Grünen zu bilden, was er vor der Wahl kategorisch ausgeschlossen hatte. Die 18 Monate seiner Amtszeit waren verheerend für das Ansehen der Sozialdemokraten in der Stadt Edzard Reuters und Willy Brandts. Momper konnte sich mit Ach und Krach trotz Mißtrauensanträgen im Parlament und riesigen Anti-Momper-Demonstrationen auf den Straßen bis zum vorzeitigen Ende der Legislaturperiode retten. Seitdem folgte eine Wahlniederlage der SPD der nächsten. Seit der Bundestagswahl nun haben die Genossen wieder Oberwasser und glauben offenbar im Siegesrausch nach der Schröder-Wahl Walter Momper als Regierenden nachlegen zu können. Dabei hatten sie den Sieg mit dem als diszipliniert und ehrlich geltenden Reserveoffizier Klaus Böger schon fast in der Tasche. Durch die Entscheidung, den machthungrigen und unglaubwürdigen Ex-Regierenden wieder ins Rennen zu schicken, steht Berlin eine echte Auseinandersetzung bevor. "Jetzt wird das Florett eingepackt, die Säbel müssen her", meinte ein hochrangiger CDU-Funktionär nach der Wahl. Auch das letzte frustrierte Basismitglied bei CDU und FDP hat nun wieder eine echte Motivation, Wahlkampf zu machen. Die Munition wurde von der Gegenseite soeben kostenlos geliefert. Bravo, Politik macht wieder Spaß!


 
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