© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    04/99 22. Januar 1999


CD: Elektro/Industrial
Lebendiger denn je
Ulli Baumgarten

Der österreichische Musiker, Maler, Mitarbeiter diverser Zeitschriften, Forscher und Evola-Übersetzer Kadmon gilt mit seiner Gruppe Allerseelen als einer der wichtigsten Musiker und interessantesten Personen der "Schwarzen Szene". Nach mittlerweile drei CDs und verschiedenen Beiträgen zu Kompilationen, erschienen jetzt gleich zwei Vinylproduktionen auf einmal von ihm: die 7er "Alle Lust will Ewigkeit" und eine weitere 7er namens "Käferlied", deren B-Seite von der amerikanischen Band Blood Axis eingespielt wurde.

Bevor man seine Platte "Alle Lust will Ewigkeit" auf den Plattenteller legt, fällt einem zunächst einmal die Plattenhülle auf, die geschmückt ist – anders kann man es nicht ausdrücken – mit einem fast magisch wirkenden Photo der jungen Schauspielerin und Regisseurin Leni Riefenstahl, jener Schönheit, die durch ihr Filmschaffen berühmt wurde und deren ästhetisches Empfinden auch heute noch beispielhaft wirkt; ein Photo, das dem Schaffen und der Tonkunst von Allerseelen kongenial ist.

Bei dem Titellied hat wieder einmal Kadmons Gefährtin Ostara den Gesang übernommen, und ihr gelang es, den hypnotisch und tranceartig wirkenden Klängen noch eine besondere Note zu geben: Daß dieses Lied in der Szene – und hoffentlich nicht nur hier – ein Hit wird, dürfte jetzt schon klar sein, die B-Seite "Traumlied" hat dieses Ziel bereits erreicht.

Auch mit seiner zweiten Single "Käferlied", gewidmet dem im Februar vergangenen Jahres verstorbenen Schriftstellers und Dichters Ernst Jünger, weiß Allerseelen zu überzeugen, ja sogar zu begeistern. Nicht nur die wirklich schöne Musik, sondern auch der Text, der sich auf Ernst Jüngers große Leidenschaft, das Käfersammeln, bezieht und das ewige "Stirb und Werde", Leben und Tod, behandelt, machen dieses Lied zum für mich schönsten und würdigsten Nachruf auf Deutschlands größten Schriftsteller dieses Jahrhunderts.

Die Musik der B-Seite wird von der amerikanischen Gruppe Blood Axis eingespielt, einer Formation, die schon seit Jahren für Furore in der Szene sorgt. Bei dem Lied "The march of Brian Brotu" handelt es sich um ein irisches Volkslied, das Blood Axis’ Vorliebe für das Keltentum widerspiegelt. Beide Singles sind erhältlich bei AORTA/ Petak, Postfach 778, 1011 Wien, Österreich.

Noch nicht etabliert wie die gerade vorgestellten Gruppen, sondern ein Neuling ist das Chemnitzer Duo Feindflug; was die beiden Musiker allerdings mit ihrer CD "1/St.G.3" (wer denkt sich eigentlich solche Titel aus?) anzubieten haben, übertrifft mühelos viele Kollegen der Elektro-Szene. Selten war ein Debut zu hören, das so überragend ausfiel. Kaum liegt die CD im CD-Spieler, schon erwartet den Hörer ein Klanggewitter ohnegleichen, immer wieder werden die Elektrorhytmen von Sprachfetzen unterbrochen, die den Reiz der CD noch zu steigern wissen.

Die ganze CD ist so phantastisch und wirkt so ausgereift, daß man kaum glauben mag, es mit Debutanten zu tun zu haben. Feindflug dürfte die Entdeckung dieses Jahres sein, mit ihrer Debut-CD haben sie sich jedenfalls ganz vorne in der Elektro-Liga etabliert und sind nahe dran an den Szenegrößen von Allerseelen oder Dagda Mor. Sie beweisen, daß der deutsche Elektro und Industrial lebendiger denn je ist.

Feindflug ist zu beziehen bei: VAWS, Postfach 10 13 50, 47013 Duisburg.


 
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