© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    07/99 12. Februar 1999


Kolumne:
Utopismus
von Klaus Hornung

Die wohl treffendste Kurzdefinition des Totalitarismus stammt von der amerikanischen Politikwissenschaftlerin Jeane Kirkpatrick, einst die wohl beste Vertreterin der USA bei der UNO. Sie lautet: Utopismus an der Macht. Die Wortführer der Grünen scheinen den Ehrgeiz zu haben, dieser Definition möglich nahezukommen. Da erfährt der Umweltminister Trittin bei seinen Besuchen in London und Paris mit aller Deutlichkeit, daß man dort nicht daran denkt, geschlossene Verträge über die atomare Wiederaufarbeitung einfach deshalb als "höhere Gewalt" zu betrachten, weil die deutschen Grünen auch an diesem Punkt wieder einmal "die Welt genesen" lassen wollen. Die Drohungen mit Milliarden von Entschädigungszahlungen stehen im Raum. Was macht aber der Mann aus Bonn? Er stellt sich vor den Bundestag und behauptet schlicht das Gegenteil dessen, was man ihm im Freundesland gesagt hatte: Deutschland habe nichts zu bezahlen, schließlich habe man den Ausstieg ja im Koalitionsvertrag beschlossen..... Oh Mann, oh Mann!

Einer ähnlichen Realitätsverweigerung unterliegen die Grünen beim Staatsbürgerrecht. Da sie bei der letzten Wahl das nicht berauschende Ergebnis von 6,9 Prozent erzielten, die Wählerwirklichkeit also gegen sie ist, wollen sie nun einfach die Wirklichkeit per Gesetz abschaffen, also beim Wahlrecht nachhelfen nach dem Motto "Was für die Grünen gut ist, ist gut für Deutschland". Sie bestätigen damit alles das, was wir heute in der Geschichts- und Politikwissenschaft über Totalitäre Demokratie und Jakobinertum wissen: Die Verhüllung der eigenen Gruppeninteressen mit dem Verweis auf das Allgemeinwohl, die schulmeisterliche Indoktrination der "Massen" durch die aufgeklärte Avantgarde, die Verweigerung und Aufhebung der Realität mit dem Recht eines "höheren Wissens" – gegebenenfalls mit allen Mitteln.

Heute hört man immer wieder die Rede, es gelte "den Anfängen zu wehren". Man hat dabei stets den angeblichen oder tatsächlichen Rechtsextremismus im Blick. Im Vergleich zum wachsenden Einfluß des Linksextremismus und seiner Sympathisanten in den medialen Kommandohöhen hat jener aber doch nur Sektenqualität. Tatsächlich wird der "Kampf gegen Rechts" als Instrument benutzt, die Republik nach links zu kippen. Auf diesem Weg sind die Utopisten an der Macht, jedenfalls schon weit über die Anfänge hinausgekommen. Und die bürgerliche Mitte hat vielfach noch immer nicht begriffen, wie sie durch die Kampagne "Wehret den Anfängen" manipuliert wird. Ihr möchte man Botho Strauß ins Stammbuch schreiben: "Setzt selber einen besseren!"


 
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