© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    07/99 12. Februar 1999


P. Gerold Schmitz: Die Katholische Jugendbewegung
Vom Aufbruch zum Abstieg
Felizitas Küble

Der Autor untersucht den Werdegang der Katholischen Jugendbewegung "von den Anfängen bis zu den Neuaufbrüchen", so verkündet es der Untertitel. Mit "Neuaufbrüchen" sind konservative, romtreu-orientierte Jugendinitiativen gemeint, die sich in Abgrenzung zum Bund der deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) entwickelten. Hinsichtlich des BDKJ schildert er die glaubensbegeisterte Aufbruchstimmung Ende der 40er Jahre über Phasen der Ermüdung bis hin zur heutigen Linkslastigkeit und unentwegten Kirchenkritik dieses von den Bischöfen subventionierten Dachverbands.

Der Autor, Pater des Franziskanerordens, beurteilt die derzeitige Arbeit des BDKJ sehr kritisch. Dabei wird deutlich, daß der schleichende Abstieg dieses "offiziellen" katholischen Dachverbandes schon Mitte der 60er Jahre begann: Bereits vor 35 Jahren war kaum noch etwas übrig von dem religiösen Elan der Gründerzeit. Der BDKJ geriet ins Fahrwasser der 68er Revolte und so in ein Distanzverhältnis zur "Amtskirche". Dennoch wurde der bischöfliche Geldhahn nicht zugedreht, so daß der zeitgeistkonforme Jugendverband, der sich kirchenkritisch bis antikirchlich gebärdet, gut und gerne von den Finanzmitteln der von ihm so vielgescholtenen "Amtskirche" lebt.

Einige Beispiele: 1971 verweigerten die Bischöfe zum ersten Mal in der Geschichte des BDKJ die Zustimmung zu dessen neuer Bundesordnung. 1984 kam es zum Streit zwischen BDKJ und Bischofskonferenz wegen klassenkämpferischer und obszön-blasphemischer "Songbücher" der Katholischen Jungen Gemeinde (KJG), eines Teilverbandes des BDKJ. 1989 protestierte der BDKJ gegen Erzbischof Johannes Dyba, weil dieser – in Abgrenzung zum BDKJ – die "Katholische Jugend Fulda" ins Leben rief. Der konservative Oberhirte wollte damit den BDKJ in seine Grenzen weisen. Die anderen Bischöfe folgten seinem Beispiel jedoch nicht.

Der BDKJ wandelte sich so von einem glaubensstarken Verband in ein Sammelsurium grün-alternativer Strömungen. Die Zeit markiger "Bekenntnistage" und glaubensfroher Lieder war abgelaufen. Frömmigkeit wurde ersetzt durch Gesellschaftskritik, Bekenntniseifer durch Revoluzzertum, christliche Inhalte durch sozialistische Parolen.

Der Verfasser beschränkt sich in seinem sowohl sachkundig wie flüssig geschriebenen Buch nicht auf die Darstellung der (Abwärts)Entwicklung im BDKJ – dies wäre wohl ein allzu trostloses Unterfangen. Dem Autor geht es um die "Katholische Jugendbewegung" im umfassenden Sinn – und diese reicht weit über den BDKJ und die kirchenoffizielle Verbandsarbeit hinaus.

Das Buch schildert den Aufbruch der "Jugendbewegung" Anfang des Jahrhunderts, beginnend mit dem Wandervogel in Berlin. Im Gefolge dieses Phänomens entstanden verschiedene Richtungen der "bündischen Jugend" in und außerhalb der christlichen Kirchen. Die jungen Romantiker stellten keine einheitliche Bewegung dar, sondern eher einen bunten Flickenteppich: vielfältig in seiner Struktur, aber miteinander verbunden durch ein gemeinsames "Lebensgefühl", das sich in starker Naturverbundenheit, Lagerromantik und Kritik am "Spießbürgertum" ausdrückte. Auf katholischer Seite wurde die Aufbruchstimmung der Jugendbewegten lebendig vor allem im Jugendbund "Quickborn" und im katholischen Schülerbund "Neudeutschland" sowie dem Mädchenbund "Heliand". Auch im kirchenoffiziellen "Jungmännerverband" erhielten Ideen und Lebenswelten der Jugendbewegung einen starken Einfluß, ohne jedoch spezifische katholische Glaubensinhalte zu verdrängen. Die Harmonie zwischen Kirche und Jugendbewegung war gelungen.

Unter der NS-Diktatur wurde die bündische Jugend im allgemeinen und die katholische Jugendbewegung im besonderen massiv verfolgt und verboten.

Aus den Trümmern der NS-Diktatur entstanden wieder jugendbewegte katholische Gruppen. Doch seitens der Kirchenleitung wurde das Einheitsmodell eines Dachverbandes gegenüber dem früheren Nebeneinander selbständiger Bünde bevorzugt. So entstand 1947 der BDKJ. Wenngleich dieser zunächst glaubenskonservativ ausgerichtet war, zeigte sich bald der Nachteil des Einheitsgedankens, indem sich eine selbstherrliche Kaste hauptamtlicher Berufsjugendlicher herausbildete. Der bürokratische Wasserkopf mit dem Jugendhaus Düsseldorf als Zentrum weitete sich immer stärker aus, verbunden mit einem drastischen Linksdruck und einem zunehmenden Abstand zu Glaube und Kirche.

 

P. Gerold Schmitz OFM: Die Katholische Jugendbewegung. Christiana-Verlag, Stein am Rhein 1997, 212 Seiten, 19,80 Mark


 
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