© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    07/99 12. Februar 1999


Interview: Der Sänger Josef Maria Klumb über die Medien-Kampagne gegen ihn
"Alle Register gezogen"
Ellen Kositza

Als Sänger der Independent-Band Forth-coming Fire wurde vor nunmehr drei Jahren Josef Maria Klumb von derJUNGEN FREIHEIT interviewt – ein Gespräch mit weitgehenden Folgen für den Visionär und Ex-Punk Klumb. Zunächst nämlich schien sein Aufstieg im Musikbusiness kaum aufhaltbar, im Sommer 1998 schloß SONY, weltweit führendes Plattenlabel, einen Vertrag mit Weissglut, einer zweiten Band um den Bingener Künstler. Von der ersten CD "Etwas kommt in Deine Welt" waren nahezu sämtliche Kritiker begeistert.

Von einer großen Plattenfirma vermarktet zu werden, ist nun nicht ohne Bedeutung für Gruppen, die einen Einstieg in die Welt von VIVA und MTV erstreben: Budget und Vertrieb spielen eine große Rolle, 250.000 DM können die wenigstens Musiker selbst investieren, um auf eigene Faust eine größere Karriere zu starten. Allein das geplante erste Video von Weissglut hätte 100.000 DM gekostet. Daß dieser Videodreh verhindert wurde, ist nur die erste Etappe einer unglaublichen Kampagne gegen Josef Maria Klumb, losgetreten vom einschlägig bekannten "Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung" (DISS). Dessen Mitarbeiter Alfred Schobert, Schreiberling bei unterschiedlichen linksextremen und orthodox-kommunistischen Zeitungen und Zeitschriften wie Junge Welt oder Konkret feuerte in einem Spiegel-Bericht zu einer Hexenjagd auf Klumb an. Im Januar verkündete SONY, daß Weissglut sich von ihrem Sänger und eigentlichen Macher getrennt haben.

Wie kam es zu Deinem Rausschmiß?

Klumb: Der mediale Druck auf SONY, der ja größtenteils nur künstlich erzeugt wurde, ging ins Unerträgliche. Die Empörungsakte über mich füllt dort 560 Seiten. Das Interesse fast aller Radio- und Fernsehsender baute auf einem Spiegel-Artikel auf, der in seiner verzerrenden Verkehrtheit der Wahrheit nicht entsprach. Nicht mal aus einem Interview, das ich der JUNGEN FREIHEIT im Februar 1996 gewährte, wurde richtig zitiert. Dieses Interview ließ damals schon einen wahren Sturm gegen mich losbrechen. Dabei interessierten auch nicht die Inhalte, sondern die Tatsache allein, daß ich als Musiker der JF ein Interview gegeben habe. Dabei bin ich ja gewissermaßen nur die Spitze des Eisbergs. Viele Musiker unseres Genres haben die JF im Abo. Man muß endlich zur Kenntnis nehmen, daß die Vorherrschaft der Extremlinken über Musik und Jugendkultur zerbrochen ist. Sie ist an ihrer eigenen Verhärtung gescheitert. Es herrscht doch kein Leben mehr in diesen Kreisen – da ist nur noch stumpfer Dogmatismus spürbar. Gruppen wie Rammstein geben eben jetzt den Ton an, und das ist nicht mehr die Sprache der 68er. Mein Scheitern bei SONY kann dennoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Wind sich etwas gedreht hat. Rammstein, Witt oder auch die Böhsen Onkelz, um einmal die ganze Spannbreite des Ungebeugtseins in ihrer Verschiedenheit aufzuzeigen, sind eine zeitgenössische Revolution. Eine Konterrevolution gegen die Übertreibungen der 68er einerseits und der extremen Härte falsch verstandenen Patriotismus andererseits. Hier findet meine Generation zur Mitte. Und diese Bewegung hin zur Mitte, zur eigenen Mentalität ist kein Etikettenschwindel, wie ihn die SPD betreibt. Um den Imageschaden von SONY wiedergutzumachen, wäre eine Gegendarstellung seitens des Spiegel vonnöten gewesen – gewissermaßen wie eine Absolution des Papstes. Insofern ist mein plötzlicher Rauswurf bei SONY und Weissglut für mich verständlich. Ich kann meinen Ex-Kollegen nicht nur nicht böse sein, ich kann ihre Entscheidung nachempfinden. Ich habe im JF-Interview vor drei Jahren meine Opferbereitschaft erklärt für alles, was mir heilig ist. Ich sah damals nicht, daß auch andere mit mir im Boot saßen. Was Band und Management meinetwegen ertragen und erdulden mußten im Sinne von kollektiver Bestrafung, bereitet mir im Nachhinein erhebliches Kopfzerbrechen. Die Konsequenz, die sie gezogen haben, mußte sein. Ich wünsche Weissglut in jeder Hinsicht den verdienten Erfolg. Es tut nur weh, das neue Liedgut, welches die letzte Veröffentlichung weit in den Schatten stellt, textlich und gesanglich nicht begleiten zu dürfen.

Welche Mechanismen greifen denn bei einer solchen Rufmordkampagne?

Klumb: Allein aufgrund des Riesenetats unseres eigenen Potentials und der professionellen Arbeitsweise von SONY hätten wir einen Senkrechtstart vollzogen. Ganz klar, daß politisch interessierte Kreise das um jeden Preis und mit allen Mitteln verhindern mußten. Dementsprechend wurden die miesesten Register gegen mich gezogen. Als der Berufsdenunziant Alfred Schobert dann auch noch einen Spiegel-Artikel parallel zum Erscheinen der CD erwirken konnte und dieser völlig unrecherchiert, rein auf Polemik bedacht und auch noch falsch zitierend zum Abdruck kam, schlugen viele Türen erst einmal zu. Seitens des Spiegel wurde eine Gegendarstellung abgeschmettert. Das sind halt die üblichen Mechanismen. Die Wahrheit interessiert auch gar nicht. Der Spiegel gilt halt in der Öffentlichkeit weitgehend als unfehlbar. Man muß schon hinter die Kulissen geblickt und miterlebt haben, was wir erlebt haben, um den Glauben an die Meinungsfreiheit an den Nagel zu hängen.

Gab es schon Auftritte während der SONY-Ära?

Klumb: Keinen einzigen. Jedes angekündigte Konzert wurde mit Gewaltandrohungen und Erpressungsversuchen gegen die jeweiligen Veranstalter von "antifaschistischen" Widerständlern erfolgreich verhindert. Alfred Schobert vom pseudowissenschaftlichen Institut für Sprach- und Sozialforschung sorgte mit gezielten Radiointerviews und zielgerichteter Hetze über die jeweiligen Stadtradios für ein Aufheizen der Stimmung. Kein Statement, keine offiziellen Erklärungen, keine Entkräftigung gegenüber den konstruierten Vorwürfen unsererseits wurde zur Kenntnis genommen. Die Zerstörung meiner künstlerischen Existenz ist wohl berufliches Ziel dieses Herrn Schobert, der mit den verschiedensten Pseudonymen, unter welchen er schreibt, sich im Grunde immer nur auf sich selbst bezieht. Es ist unglaublich, wieviel Mühe, Zeit und Energie jemand wie Schobert in dieser Sache investiert.

Ein wenig verbittert klingst Du schon ...

Klumb: In meiner gegenwärtigen Lage habe ich gar keine Zeit zu verbittern. Ich kämpfe mit aller Kraft und wenig Schlaf einerseits ums nackte Überleben, andererseits auch um die Durchsetzung künstlerischer Visionen. Mir jetzt den Luxus zu erlauben, angesichts aller Zerstörung zu verbittern, hieße mich dem Zerbrechen preiszugeben. Ich erlaube mir nicht einmal den aufwendigen Luxus, mich etwaigem Haß oder einer destruktiven Wut hinzugeben. Ich transformiere und bündele meine Energien. Ich bin wirtschaftlich am Ende, aber kräftemäßig geht mir die Sonne nicht unter.

Bestätigt fühle ich mich auch, wenn ich sehe, daß dieses mediale Schmierentheater in ganz verschiedenen Kreisen Interesse weckt, das sich nicht gegen mich richtet: Wer etwa den Werdegang des Herrn Schobert vor Augen hat, mit all seinen Querverbindungen, wird erkennen, aus welcher Aufgeblasenheit heraus der Wind des "Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung" genau weht. Alfred Schobert hat nicht nur Freunde in der Linken. Und wie sehr extrem dieser ganze Klüngel ausgerichtet ist, erkennt man schon daran, daß jenes DISS nun schon Vorträge hält über einen vermeintlichen Antisemitismus in der linken Szene, bezogen auf DKP, Junge Welt und den Ex-RAFler Horst Mahler.


 
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