© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/99 26. Februar 1999


Euro: Hans A. Bernecker sieht Skepsis bestätigt
Falsche Hoffnung
JF

Der Euro fällt seit der Einführung im Verhältnis zum Dollar immer weiter. Ist das die Konsequenz des Zusammenschlusses von zu verschiedenen Volkswirtschaften?

Bernecker: Nein. Ursache sind vielmehr die Hoffnungen, die mit den Konvergenzkriterien verknüpft waren. Die Kriterien tragen nicht hinreichend zur Stabilität der gemeinsamen Währung der elf EU-Länder bei. Man hat die Erwartungen an das neue Geld aus politischen Gründen ziemlich hoch geschraubt. Die falschen Erwartungen sind nun durch die Realität eingeholt worden.

Denken Sie, es ist für Anleger jetzt sinnvoller, in den Dollar zu wechseln und aus dem Euro zu flüchten, um in eine stabilere Währung zu gehen?

Bernecker: Sicherlich haben wir im Moment keine Flucht vor dem Euro, aber doch eine Rückkehr in den Dollar. Die Rückführung des Euro relativ zum Dollar von 1,18 bis auf nun 1,09 birgt das Risiko, daß es zum einem Absinken bis auf 1,06 kommen kann. Hier ist jedoch eine Konsolidierungsgrenze, und dies für einen längeren Zeitraum. Dies bedeutet, daß der Dollar in Richtung DM 1, 80 ansteigen kann. Für manchen Anleger wäre das attraktiv.

Was würden Sie denen raten, die ihr Geld schon jetzt in Euro halten?

Bernecker: Der Euro ist heute kein signifikantes Risiko mehr. Es gibt nur ganz wenige, die hier Termingeschäfte machen. Eine Umschichtung in risikoarme Anlageformen ist auch nicht immer angebracht – insbesondere hinsichtlich der zu ewartenden Rendite. Wer in Anleihen investiert hat, kann mit dem Euro ruhig leben. Das Risiko besteht vielmehr darin, das eine falsche Politik, so wie sie zur Zeit in Euro-Land vorgetragen wird, zu einer Erosion des Begriffes Euro führt. Das wäre eine Entwicklung, die ich für schädlich und extrem bedenklich halten würde und für die führende Politiker in Europa, die versuchen, Druck auf die Europäischen Zenetralbank auszuüben, die Verantwortung tragen.

Finden Sie, Wim Duisenberg hat recht, wenn er sagt, der Euro würde schlecht geredet?

Bernecker: Der Euro wird nicht schlecht geredet, sondern Duisenberg versucht die Europa-Währung gutzureden. Wenn eine Währung Vertrauen verloren hat, so wie es in den letzten drei Wochen der Fall gewesen ist, dann ist dieses Vertrauen nur sehr mühsam zurückzugewinnen, und dies geschieht vor dem Hintergrund einer politischen Absicht, von Deutschland und Frankreich, nämlich eine konsumorientierte Nachfragepolitik zu betreiben. Diese Art der Politik belastet eine Währung immer, wie die Erfahrung gezeigt hat.

Was kann man tun, um zu verhindern, daß der Euro 1,0 unterschreitet und es zu inflationären Entwicklungen in Euro-Land kommt?

Bernecker: Die Europäische Zentralbank müsste die gleiche Politik betreiben, wie es die Deutsche Bundesbank 50 Jahre lang getan hat. Nämlich ausdrücklich und ausschließlich nur die Stabilität der Währung im Auge haben, und das ohne Rücksicht auf die Einlußnahme der Politiker in Europa oder jedwede Orientierung an irgendwelchen politischen Zielen.

Ist der schwache Euro denn jetzt nicht auch gut für die europäischen und deutschen Exporte?

Bernecker: Das ist sicherlich richtig. So schlecht das eine ist, umso günstiger erscheint das andere. Vor allem in dem Moment, in dem der Dollar weiter eine steigende Tendenz hat, denn für die deutsche Industrie gilt, daß bei einer Exportquote von rund 75 Prozent und einem Dollaranteil von 30 bis 35 Prozent der Effekt enorm groß ist. Das hat zur Folge, daß die deutsche Exportindustrie eindeutig von dieser Konstellation profitiert.

Verschlimmert die Euro-Schwäche jetzt auch noch die internationale Finanzkrise?

Bernecker: Die Dollarentwicklung kennzeichnet den Anfang und das Ende der internationalen Finanzturbulenzen. Bekanntlich hat der Dollar im Juli 1997 den höchsten Stand von damals 1,88 erreicht. Zwei Tage später begann die Ostasienkrise mit der Spekulation in Thailand und gegen den Korea Bond und vieles mehr. In der Folgezeit, bis zum 9. Oktober letzten Jahres haben wir eine Reihe weitere internationaler Probleme gehabt, wie zum Beispiel mit dem Konkurs des Weltberühmten LTCM-Fond. Mit der Erklärung der Zahlungsunfähigkeit des LTCM war auch der tiefste Dollarkurs erreicht. Jetzt strebt er wieder zu der alten Relation zu, die er einmal vor der Finanzkrise gehabt hat. Der Dollar ist wieder auf dem Wege, eine starke Leitwährung zu werden. Wenn die Finanzkrisen in Ostasien und Lateinamerika wie auch in Rußland, wenn das auch mehr die Europäer betrifft, überwunden sind, dann wird sich eine feste Relation zwischen Euro und Dollar zumindest mittelfristig einspielen. Eine internationale Politik, welche feste Wechselkurse beabsichtigt, wie das von Lafontaine und anderen gefordert wird, ist eine starke Intervention in den freien Weltfinanzmarkt.

 

Hans A. Bernecker ist Anlageexperte und Herausgeber der Fachzeitschrift Aktienbörse in Düsseldorf.


 
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