© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    10/99 05. März 1999


Dokumentation: Günther Krauses eidesstattliche Versicherung zur DDR-Verhandlungsposition 1990
"Rückgabe an die Berechtigten sollte möglich sein"

In Kenntnis der Bedeutung einer eidesstattlichen Versicherung, insbesondere deren strafrechtlicher Folgen erkläre ich hiermit an Eides Statt:

Ich war im Jahre 1990 der von der DDR-Regierung beauftragte Verhandlungsführer für die Verhandlungen mit der Bundesrepublik Deutschland zur Herstellung der deutschen Einheit.

Von der Bundesregierung wurde im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht betreffend die Verfassungsmäßigkeit des sog. "Restitutionsausschlusses" (lBvR 1170/90, 1 BvR 1174/90 und 1 BvR 1175/90) die Behauptung aufgestellt, die sowjetische Verhandlungsseite hätte im Rahmen der Verhandlungen über die deutsche Wiedervereinigung die Bedingung erhoben, daß die zwischen dem 8.5.1945 und dem 7.10.1949 stattgefundenen Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage nicht rückgängig gemacht werden dürften, es andernfalls keine Zustimmung der Sowjetunion zur Wiedervereinigung beider deutscher Staaten gegeben hätte. Weitergehend wurde die Behauptung aufgestellt, daß dieses Verbot des Rückgängigmachens von der sowjetischen Seite so zu verstehen gewesen sei, daß damit auch die Rückführung einzelner Vermögenswerte an die ehemaligen privaten Eigentümer, die sich noch heute im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, untersagt sei. Aufgrund dieser Behauptung hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerden mehrerer ehemaliger privater Eigentümer abgewiesen.

Dazu erkläre ich: Von einer solchen Vorbedingung der sowjetischen Verhandlungsseite ist mir nichts bekannt.

In weiteren Verfassungsbeschwerdeverfahren (1 BvR 1452/90, 1459/90 und 2031/94) gegen den "Restitutionsausschluß" hat die Bundesregierung vor dem Bundesverfassungsgericht behauptet, die Unumkehrbarkeit der Enteignungen sei auch eine Forderung der DDR-Verhandlungsseite gewesen. Die Verhandlungen im Jahre 1990 hätten unter einem immensen Zeitdruck gestanden. In dieser Zeit eines zunehmenden Verfalls der DDR sei deren Schwäche zu einer verhandlungstaktischen Stärke geworden. Die DDR-Verhandlungsseite habe daher ihrerseits die Vereinbarung eines "Restitutionsausschlusses" zur Bedingung für die Wiedervereinigung gemacht.

Dazu erkläre ich: Diese Behauptung der Bundesregieung zur Verhandlungsposition der DDR ist unrichtig. Wir als DDR-Unterhändler legten lediglich wert darauf, daß das Heimatrecht der DDR-Bürger, zum Beispiel die Siedlerrechte, die aus der Bodenreform stammten, unangetastet blieben. Für diesen Schutz des Heimatrechts zu sorgen, waren wir nicht nur ermächtigt, sondern verpflichtet.

Die Festschreibung der Ergebnisse der Industrie- und Gewerbeenteignungen sowie der Enteignungen des sonstigen Vermögens privater Eigentümer aus der Zeit der sowjetischen Besatzung war, soweit ich mich erinnere, überhaupt nicht Verhandlungsgegenstand; dieserhalb gab es auch keinen einheitlich abgestimmten Standpunkt der DDR.

Die Gemeinsame Erklärung vom 15.6.1990 wurde durch Kabinettsbeschluß der beiden deutschen Regierungen verabschiedet. Ursprünglich war im Entwurf der Gemeinsamen Erklärung in Ziff. 1 der Begriff "Entschädigung" enthalten. Die Umformulierung von "Entschädigung" zu "Ausgleichsleistungen" in der Gemeinsamen Erklärung vom 15.6.1990 ging auf die Bundesregierung, nicht auf die DDR zurück. Wir waren mit der Umformulierung einverstanden, weil uns von den Vertretern der Bundesregierung gesagt worden war, der Begriff der "Ausgleichsleistungen" sei der umfassendere und würde eine Naturalrestitution nicht ausschließen.

Nach unserer Auflassung sollte überall dort, wo erworbene Heimatrechte der DDR-Bürger dem Eigentumsrückgabeanspruch privater Dritter nicht entgegenstünden, die Rückgabe an die Berechtigten möglich sein. Die Verfahrensweise sollte später durch Bundesgesetz geregelt werden."

gez. Prof. Dr. Günther Krause, Börgerende, den 10. Januar 1999


 
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