© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/99 12. März 1999


Österreich: Die Auswirkungen der Landtagswahlen auf die Bundespolitik
Zittern vor Jörg Haider
(JF)

Bundeskanzler Viktor Klima (SPÖ) war den ganzen Wahlsonntag über nicht für Stellungnahmen zu erreichen. Drei Landtagswahlen (Tirol, Salzburg und Kärnten), aber geredet wurde letztendlich fast nur über das Kärntner Ergebnis, über den Erdrutschsieg der Freiheitlichen. Für die Sozialdemokraten eine peinliche Situation: Immerhin gab es Gerüchte, daß man den Ausgrenzungskurs gegenüber Jörg Haider und seiner FPÖ konsequent weiterfahren wolle. Im Klartext: Haider in Kärnten verhindern und auf Bundesebene halten, um die anstehenden Nationalratswahl zu einem Duell zwischen dem roten Populisten Klima und dem blauen Populisten Haider zu machen. Die Volkspartei sollte, so Kalkulationen in der SPÖ-Zentrale, dabei zwischen den Blöcken zerrieben werden. Und die krisengeschüttelten Freiheitlichen würden natürlich gegen den SPÖ-Strahlemann Klima verlieren.

Angekündigte Siege finden nicht statt. Die drei Landtagswahlen haben die FPÖ in einem Ausmaß gestärkt, das selbst die erbittertsten Kritiker erschütterte. Haiders überragender Sieg in Kärnten ist da nur das Sahnehäubchen. Auch in Tirol konnten die Freiheitlichen ohne die Hilfe Haiders in Landtagswahlkampf zulegen. Und die massiv krisengeschüttelte Salzburger Landesorganisation stabilisierte ihr Wahlergebnis mit 19,6 Prozent. Zwar nur ein Gewinn von 0,1 Prozent, aber immerhin hatte Haider die zerstrittene FPÖ-Salzburg noch vor einem Jahr vollständig suspendiert. Die FPÖ zieht also auf allen Ebenen an.

Die Volkspartei hatte eine zwiespältigen Wahlabend: In Kärnten wurde sie zerrieben, in Tirol konnte sie die absolute Mehrheit behalten. Der dortige Landeshauptmann Wendelin Weingartner konnte sich anläßlich der Lawinenkatastrophe von Galtür als "Landesvater" in die Seele der Tiroler hieven. In Salzburg blieb die ÖVP bei leichten Verlusten stabil. Auf Bundesebene freilich reibt sich der kleine Partner der Großen Koalition zunehmend mit den Sozialdemokraten. Das zeigten auch die Diskussionen am Wahlabend.

Die Kleinparteien erlitten Schlappen: Vor allem für das Liberale Forum, das an der Basis extrem schwach ist, waren die Landtagswahlen eine Katastrophe. Es konnte in keinen der drei Landtage einziehen. Parallel dazu verloren auch die Grünen: Sowohl in Tirol wie auch in Salzburg halbierten sie ihr Ergebnis auf zwei bzw. einen Landtagsmandate. Bisher galten Liberale und Grüne als "kommunizierende Gefäße", die sich gegenseitig die Stimmen streitig machten. Nun aber ein totaler Einbruch bei beiden Gruppen, der sich besonders fatal in Kärnten zeigte: Hier war man gemeinsam in einem Wahlbündnis mit der slowenischen Einheitsliste "Enotna lista" angetreten – und bekam zu dritt weniger Stimmen als die bei der letzten Landtagswahl einzeln angetretenen Grünen und Liberalen damals zusammen.

Der Haider-Erfolg wirkt sich auch auf die Bundespolitik aus: Eine Zusammenlegung der im Herbst anstehenden Nationalsratswahlen mit den Europawahlen im Juni scheint zunehmend unwahrscheinlich. SPÖ und ÖVP fürchten sich vor der Dynamik des Haider-Effekts. Man müsse noch arbeiten, betonten die Koalitionäre, die sich zunehmend mißtrauisch beäugen. Die Angst vor Haider schweißt zusammen. Die Angst, daß eine der beiden Parteien mit einer Koalition mit Haider liebäuglen könnte, schafft aber auch immer mehr Mißtrauen zwischen SPÖ und ÖVP.


 
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