© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/99 12. März 1999


Meldungen

Kompromißvorschlag zur Rechtschreibung

DARMSTADT. Zur Wiederherstellung des "Rechtschreibfriedens" hat die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung einen Kompromiß zwischen alten und neuen Orthographieregeln gefordert. Obwohl immer noch große Bedenken gegen die Reform bestünden, wäre es möglich,Teile der neuen Regeln im Interesse einer einheitlichen Rechtschreibung zu übernehmen. So sollten nach den Vorstellungen der Sprachakademie neue Schreibweisen wie Känguru statt früher Känguruh oder rau statt rauh Verwendung finden, da es sich zudem um seltene Fälle handele. Die Gelehrten sind auch dafür, Ass statt As und überschwänglich statt überschwenglich zu verwenden, lehnen aber Stängel statt Stengel oder Gämse statt Gemse ab, da für die meisten der Zusammenhang zwischen den Begriffen nicht mehr auf der Hand liege. Die neue Regelung, wonach nach kurzem Vokal ss statt ß steht, solle übernommen werden. Lediglich wo die Aufeinanderfolge von drei s drohe, solle das ß auch nach kurzem Vokal erhalten bleiben. Für akzeptabel halten die Experten die nicht mehr vorgesehene Trennung des c-k sowie die nun mögliche Trennung des s-t. Die Akademie hegt die Hoffnung, daß der vorgelegte Kompromißvorschlag von Anhängern und Gegnern der Reform übernommen werden könne.

 

Bremer Landesregierung stoppt Volksbegehren

BREMEN. Das Volksbegehren der Bremer Initiative "Wir gegen die Rechtschreibreform" ist am Dienstag vom dortigen Senat für nicht verfassungsmäßig erklärt und damit gestoppt worden. Nun hat der Staatsgerichtshof der Hansestadt zu entscheiden, ob der von mehr als 5.000 Bürgern unterzeichnete Antrag auf ein Volksbegehren doch noch zum Erfolg führt. Grund für die ergangene negative Entscheidung ist, daß der Antrag der Initiative neben der Forderung nach Wiederherstellung der alten Rechtschreibung vom Senat verlangt, dieser solle sich auch auf Bundesebene für einen Widerruf der Reform einsetzen. Dies binde die Landesregierung in einer verfassungsmäßig nicht zulässigen Form. Unterdessen kündigte eine Sprecherin der Initiative an, bereits dieses Wochenende solle mit einem neuen Text um Unterschriften geworben werden. Der Antrag der Reformgegner ist der sechste von insgesamt sieben Volksbegehren, die der Bremer Senat für unzulässig erklärt und an den Staatsgerichtshof weitergeleitet hat.

 

Kanzler will am Namen "Reichstag" festhalten

BERLIN. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich gegen die Umbenennung des Reichstagsgebäudes in Berlin ausgesprochen und sich damit gegen Bundestagspräsident Wolfgang Thierse gestellt. Der Sitz des Bundestages solle auch künftig "Reichstag" heißen, da sich der Name eingebürgert habe, sagte der SPD-Politiker der FAZ. Es sei eine Unart seiner Partei, dem Volk den erhobenen Zeigefinger zu zeigen. Dieses lasse sich ohnehin nicht vorschreiben, den Reichstag künftig nicht mehr bei seinem bisherigen Namen zu nennen. Er nannte es abwegig, dem Parlamentsgebäude offiziell Namen wie Plenarsaal oder Plenarbereich zu geben. Die Deutschen gingen zu verklemmt mit ihrer Geschichte um, sagte der Bundeskanzler. Vergleichbares erklärte der Grünen-Politiker Volker Beck für den Koalitionspartner. Die Debatte sei "ein Streit um des Kaisers Bart". Dem Gebäude einen neuen Namen zu geben, wäre "Geschichtsklitterung".


 
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