© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/99 26. März 1999


Kohl als Bankberater
von Hanno Rother

Die Schweizer "Credit Suisse Group" (CS), ein weltweit operierender Gigant am Finanzmarkt, hat Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl in ihren "Advisory Board" – schlicht-deutsch: in ihren Beirat – aufgenommen. Für jährlich drei Sitzungen werden dem CDU-Politiker und Bundestagsabgeordneten umgerechnet mehr als 200.000 Mark gutgeschrieben. Nun ist es nichts Neues und sozial üblich, daß Politiker in edlen Gremien Renommé, Know How und nicht zuletzt erlittene Aufopferung für das Gemeinwohl kommerzialisieren. Freilich, in diesem ganz besonderen Fall lohnt es sich ein wenig nachzuhaken.

Ungewöhnlich genug, daß ein homo politicus auf die Hüterseite des scheuen Rehs "Geld" wechselt, und Kanzler Kohl ist dann auch in dieser hochkarätig besetzten Achterrunde weit und breit der einzige Staatsvertreter. Er soll "losgelöst vom Krimskrams der Formalitäten", so CS-Verwaltungsratspräsident Rainer E. Gut, der Credit Suisse Group mit "Unterstützung und Beratung" dienen, vornehmlich, damit diese sich auf dem hochkompetitiven deutschen Markt ertragsstärker positioniert.

Während heutzutage der normale politische Impetus auf die Überführung des Geldes in die öffentlichen Taschen abzielt, auch die abgewählte Koalition hat dies in schöner Regelmäßigkeit immer wieder vorgemacht, setzen die global agierenden Banken auf die private Verfügungsmacht über die monetären Mittel, schöpfen bisweilen bis zum Anschlag den dafür vorhandenen gesetzlichen Freiraum aus. Zum anderen gilt für die miteingebrachten Beziehungsgeflechte, daß darin versammelte Macht und Einfluß schnell altern. Dennoch greift zu kurz, obiges als rein privatrechtliche Abrede, mit vermutlich ungewisser Rendite für die CS Group, abzutun.

Ist es eigentlich noch angemessen, wenn Helmut Kohls Rat ausgerechnet in einer prosperierenden Euro-verschonten Zone nachgefragt wird? Sein Lebenswerk "Einheitswährung" läßt er hinter sich, das unter seinem Finanzminister Waigel bekämpfte strenge helvetische Bankgeheimnis wird er neuerdings wohl – was auch sonst – bejahen und gestrig ist, daß er deutsche Unternehmer, die der hiesigen Abgabenlast flohen, vaterlandslos nannte. Man mag es drehen und wenden, das Ganze ist ein Aberwitz. Der vergütete Ratschlag dieses deutschen Parlamentariers für jenes ausländische Geldinstitut ist selbst grenzwertig unerträglich.


 
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