© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/99 26. März 1999


Hans Steinacker: C.S. Lewis. Leben und Werke
Philosoph mit gedanklicher Schärfe
Ulrich Kriehn

Der englische Literaturhistoriker C.S. Lewis wäre letztes Jahr hundert Jahre alt geworden. Wohl ein Grund für Hans Steinacker, einen evangelischen Verlagsleiter, das Werk von C.S. Lewis in einem kleinen Bändchen vorzustellen. Vorweg gesagt: Wer Lewis bereits kennt und ihn schätzt – was bei der stilistischen und inhaltlichen Weite seines Werkes nicht schwer ist – der wird von diesem Buch enttäuscht sein. Aber Steinacker geht es darum, schwerpunktmäßig für das christliche Leserpublikum in liebevoller Weise dezent für Lewis zu werben.

Nach einem eher trübe stimmenden Vorwort, in dem das Dahinschwinden der bis in die 50erJahre dieses Jahrhunderts noch vielfältig schreibenden Schriftsteller christlicher Prägung wie Reinhold Schneider, Rudolf Alexander Schröder,Werner Bergengruen und Manfred Hausmann beklagt wird, beschreibt Steinacker in lockerer Weise den biographischen Hintergrund. Lewis hatte irische Vorfahren, kam aus einer Familie, in der das Bücherlesen fester Bestandteil des Alltags war, begeisterte sich schon als Kind für Abenteuergeschichten und Märchen, studierte nach Kriegseinsatz im Ersten Weltkrieg Englische Literaturwissenschaft in Oxford am berühmten Magdalen College, wurde sehr früh Lehrbeauftragter und mit 32 Jahren bereits Professor für Mediavistik. In Oxford traf Lewis den dort als Philologen lehrenden J.R.R. Tolkien, und trotz des akademischen Streites zwischen Linguisten und Literaturwissenschaftlern der Fakultät wurden die beiden Freunde, und zwar für ihr gesamtes Leben. Sie teilten die Faszination für die Romantik, für ernsthafte philosophische Gespräche und für Literatur – denn Tolkien war ein begabter Schriftsteller, dessen liebenswertes Kinderbuch "Der kleine Hobbit" und in Fortsetzung davon das gewaltige Epos "Der Herr der Ringe" zu Recht zur Weltliteratur gezählt werden. Der gläubige Katholik Tolkien hatte wesentlichen Anteil daran, daß sich Lewis einem nicht konfessionell gebundenen christlichen Glauben zuwandte – der Tolkienbiograph Humphrey Carpenter hat ihre um die Funktion des Mythos und die Person Jesu kreisenden Gespräche mit akribischer Genauigkeit dargelegt, und diese Gespräche sind meisterhafte Beispiele eines philosophischen Dialogs mit Tiefgang.

Lewis – und hier zeigt sich der eigentliche Sinn von Steinackers kleinem Buch – war als Schriftsteller mehr als vielseitig; er gab dem eher trivialen SF-Genre mit seiner Trilogie "Perelandra" philosophisches und literarisches Niveau, variierte souverän mit Stoffen der griechischen Mythologie ("Du selbst bist die Antwort"), ließ sich von Dantes "Divina Commedia" anregen ("Die große Scheidung"), schrieb sieben phantastische Kinderbücher ("Narnia-Geschichten"), die so gut sind, daß man sie als Erwachsener immer wieder mit Gewinn zur Hand nimmt, und neben fachwissenschaftlichen Werken, die für Anglisten heute noch von Bedeutung sind, verfaßte er eine Vielzahl von religionsphilosophischen, aber allgemeinverständlichen Schriften. Diese haben ihm auch innerhalb der christlichen Welt einen festen Platz verschafft – wenngleich der unbequeme und konfessionell nicht einzuordnende Denker manchem supekt ist: Fundamentalisten stört seine gelassene Form des Umgangs mit der germanischen Mythologie und vor allem seine Akzeptanz der dort offenbarten Wahrheiten, und liberale Theologen können nicht vergessen, mit welch gedanklicher Schärfe und sprachlicher Brillanz die Entmythologisierungstheologie von Rudolf Bultmann hinterfragt wurde.

Steinacker hat sich die Mühe gemacht, alle auf deutsch erschienenen Werke chronologisch geordnet und mit einer kleinen Inhaltsangabe versehen, dazu noch alle fünf Biographien und einiges an erwähnenswerter Sekundärliteratur dem Leser vorzustellen, und es ist sicher wünschenswert, wenn dadurch Neugierde auf die unbekannteren Titel von Lewis hervorgerufen wird.

Für Leute, die ein bißchen tiefer in die Texte eintauchen wollen, sei besonders ein Buch des katholischen Germanisten Gisbert Kranz empfohlen: "C.S. Lewis. Studien zu Leben und Werk" (Bonn 1974). Aber auch sonst kann man in der von Steinacker angegebenen Sekundärliteratur fündig werden – so bietet das Buch auch dem Kenner von Lewis noch etwas. Zu guter Letzt: für die "Fans" von Fantasy in der speziellen britischen Ausprägung, wozu vor allem auch das im Klett Cotta Verlag verlegte Werk des Schotten George McDonald zählt, gibt es die INKLINGS Gesellschaft für Literatur und Ästhetik e.V. (c/o Irene Oberdörfer, Wilhelm-Tell-Straße 3, 40219 Düsseldorf), die sich auf Symposien und Treffen der wissenschaftlichen Erforschung von Lewis und anderen widmet und ein qualitativ sehr hochstehendes Jahrbuch herausgibt. Die INKLINGS waren ein literarischer Gesprächskreis, den Lewis in den 30er Jahren zusammen mit Tolkien gründete und in dem viele Inspirationen für seine Werke gegeben wurden.

Es sei noch darauf hingewiesen, daß Lewis’ Freundschaft und Ehe mit der krebskranken Joy Davidman Vorlage für zwei gleichermaßen beeindruckende Filme war: "Späte Liebe" und "Shadowlands" mit Anthony Hopkins in der Rolle von C.S. Lewis.

Angesichts des gegenwärtigen politischen und sozialen Zustands unserer Welt scheint das Buch "Die böse Macht" aus dem Jahr 1945 am empfehlenswertesten zu sein, da Lewis hier verwoben in eine Fantasy-Geschichte eine nachhaltig heftige Kritik an den Entwicklungen der Moderne übt, die auch heute noch von bedrückender Aktualität ist.

 

Hans Steinacker: C.S. Lewis. Leben und Werke, Hänssler Verlag, Neuhausen 1999, 64 Seiten, 6,95 Mark


 
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