© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/99 02. April 1999


FDP: Die Berliner Liberalen wollen zurück ins Parlament
Mit beiden Flügeln fliegen
Holger Maas

Zahlreiche Prominente waren am vergangenen Samstag einer Einladung der Berliner FDP zu einem Polittalk im Rahmen eines Parteitages der anderen Art gefolgt: Landeschef Rolf Peter Lange versuchte den Parteitag nach US-amerikanischem Vorbild zu inszenieren. Einigkeit und Happening sollten die Merkmale der Berliner Liberalen sein.

Einer der interessantesten Gäste war der Historiker Arnulf Baring. In einem engagierten Beitrag forderte er die Partei auf, in der Ausländerfrage eine Wende zu vollziehen. Insbesondere die doppelte Staatsbürgerschaft sei ein Irrweg. Nicht hinnehmbar sei es auch, daß die Völkerschaften des Balkans, die in Deutschland Aufnahme gefunden haben, ihre von dort mitgebrachten Lebensgewohnheiten in unserem Land ausleben.

Die Liberalen sieht der Berliner Geschichtsprofessor zwischen den beiden großen sozialdemokratischen Parteien durchaus auf den richtigen Kurs. Für seine Ausführungen erhielt Baring freundlichen Beifall. Lediglich etwa 15 Delegierte, die sich der Studentenaktion "PAM – Projekt Absolute Mehrheit" zugehörig fühlen, drückten durch Buh-Rufe ihren Unmut aus. Eine große Mehrheit der Delegierten beherzigte jedoch, was Baring der Partei mit auf den Weg gegeben hat. Nur einige Parteilinke um die ehemaligen Landesvorsitzenden Carola von Braun und Martin Matz und die PAM-Studenten sprachen sich in einem Antrag für eine doppelte Staatsbürgerschaft aus. Die Mehrheit der Delegierten lehnte den Antrag jedoch ab, sehr zum Mißfallen der früheren Ausländerbeauftragten der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen. Der von ihr begründete Antrag auf Einführung der Landesliste, der darauf abzielte, die nationalliberale Minderheit der FDP von möglichen Parlamentsmandaten fernzuhalten, fand nicht die erforderliche Mehrheit. So können die Nationalliberalen der Berliner FDP damit rechnen, bei einem Wiedereinzug ins Landesparlament angemessen vertreten zu sein.

In den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes wollen die Liberalen die Themen Wirtschaft und Bildung rücken. Auch für die vernachlässigten Interessen der Autofahrer will sich die FDP einsetzen.

Auf dem Parteitag wurden außerdem die Bundesparteitagsdelegierten der Berliner FDP gewählt. Auch hier konnten die Nationalliberalen einen Erfolg erzielen und erreichten eine angemessene Repräsentanz. Der frühere Generalbundesanwalt Alexander von Stahl wird wie bisher die Riege der Berliner zum Bundesparteitag anführen. Ob es auf dem Parteitag zu einer Koordinierung der Gleichgesinnten im Saarland und aus Sachsen kommen wird, bleibt abzuwarten. Im Vorfeld des Berliner Landesparteitages hatten sich vor allem viele Parteilinke darüber aufgeregt, daß es überhaupt nationalliberale Delegierte auf dem Bundesparteitag gegeben hätte.

Die Nationalliberalen setzen unterdessen darauf, daß sie gebraucht werden, wie die hessische Landtagswahl gezeigt hat, wenn die FDP wieder fliegen will; dies gehe nur mit zwei Flügeln. Ohne FDP freilich ist auch der Nationalliberalismus nicht lebensfähig. Manfred Brunner mit seinem Bund Freier Bürger ist dafür ein Beispiel. Am Rande des Parteitages war zu hören, daß Brunner als Wahlkämpfer für den Berliner Landtagswahlkampf gewonnen werden soll.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen