© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/99 30. April 1999


Uta Ranke-Heinemann
Wüste Predigerin
von Werner Olles

Spätestens nachdem der Kosovo-Konflikt so unschön eskalierte, war klar, daß die PDS für keinen der von den beiden "Kriegsparteien" SPD und CDU aufgestellten Präsidentschaftskandidaten votieren würde. Der Vorsitzende Lothar Bisky soll regelrecht erleichtert gewesen sein, daß sich während seines Zypern-Besuchs eine Stimme von der Heimatfront meldete, die frohgemut verkündete, vom PDS-Parteiprogramm zwar keine Ahnung zu haben, in der Bundesversammlung den 64 Stimmen der "einzigen Partei, die sich gegen den Krieg in Jugoslawien wehre" gleichwohl Gehör verschaffen wolle.

Uta Ranke-Heinemann, laut Bisky "eine höchst glaubwürdige Vertreterin der Friedensbewegung", gehört in der Tat zu den kuriosesten Überresten dieser mit Knallchargen reich gesegneten Bewegung. Man denke nur an die Kim-Il-Sung-Verehrerin Luise Rinser, die seinerzeit für die Grünen in den Ring steigen durfte. Im Gegensatz zu ihr ist Ranke-Heinemann, die alte Dame des wurstigen Milieu-Katholizismus der Bonner Republik, aber mit vielerlei Wässerchen gewaschen und als gewiefte und beliebte Talkshow-Christin durch mancherlei Höllen gegangen.

Es entbehrt allerdings nicht einer gewissen Pikanterie, daß die Tochter des früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann gegen den Mann ihrer Nichte, Johannes Rau, einen politischen Ziehsohn Heinemanns, antritt. Das bereitet ihr jedoch keine schlaflosen Nächte, schließlich stehe sie auf Seiten der Wehrlosen gegen die Gepanzerten.

1953 konvertierte die damals 25jährige nach einem Studium der Evangelischen Theologie gegen den ausdrücklichen Willen des streng protestantischen Vaters zum katholischen Glauben. 1970 erhielt sie als erste Frau in Deutschland einen Lehrstuhl für Katholische Theologie. Gleichzeitig begann sie als "Friedensaktivistin" auch eine politische Karriere, reiste 1972 nach Hanoi und protestierte gegen die Flächenbombardements der USA in Nordvietnam.

Einem größeren Publikum wurde Ranke-Heinemann als "Kirchenkritikerin" bekannt, die gegen die "Unbefleckte Empfängnis", gegen die von ihr als "reaktionär" gescholtene Sexualmoral der römisch-katholischen Kirche und vor allem gegen das priesterliche Zölibat zu Felde zog. 1987 wurde ihr die kirchliche Lehrbefugnis entzogen. Das hinderte die wüste Predigerin aber keineswegs daran, auch weiterhin gegen Dogmen der Kirche zu polemisieren und sich so dem linksliberalen Zeitgeist anzubiedern.

Wäre jetzt nicht der Jugoslawien-Krieg, wir hätten möglicherweise kaum noch etwas von ihr gehört. So aber fühlt sie sich verpflichtet "gegen den Kriegswahnsinn" ihre Stimme zu erheben. In der ihr eigenen Mischung aus Naivität und Chuzpe läßt sie wissen, daß "die Gefahr, daß sie Bundespräsidentin werde, gleich Null" sei. Das ist immerhin beruhigend.


 
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