© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/99 07. Mai 1999


Sean Connery
Sein Name: James Bond
von Peter Ertel

Demnächst vielleicht in Ihrem Kino: "007 jagt Mr. Braveheart". Gleich in der ersten Szene wird der pensionierte Ur-James-Bond vom Rentner-Idyll in Marbella nach London beordert, weil die Integrität Britanniens in Gefahr ist: Die Schotten wollen sich vom Königreich abspalten. Der Auftrag für den Top-Agenten Ihrer Majestät lautet: Ausschaltung der charismatischen Galionsfigur der gälischen Separatisten, eines 68jährigen Filmschauspielers namens "Sean C.", der den verräterischen Tätowierungstext "Scotland Forever" auf dem rechten Unterarm trägt. Daraufhin eilt James Bond nach Edinburgh, tritt dem Bösewicht entgegen – und stellt erstaunt fest: "Hoppala, das bin ja ich selber!"

Wie dieser Film weitergeht, wird man in den nächsten Tagen erfahren. Am 6. Mai nämlich wählten die Schotten erstmals nach 300 Jahren ein eigenes Parlament. Treibende Kraft war die Scottish National Party (SNP), der Sean Connery seit über 30 Jahren angehört und der er zuletzt mit 80.000 Pfund Spenden im Jahr unter die Arme gegriffen hat.

Geboren als Thomas ( Spitzname "Big Tam") Connery in einem der weniger feinen Viertel von Edinburgh, schlug der Bub die typische Weltstar-Karriere ein: schnell weg von der Schule, Militär, Milchmann, winzige Theaterrollen – und dann die Bewerbung für den ersten JamesBond-Film. Der unbekannte Schotte bekam die Rolle; Cary Grant, Rex Harrison und Trevor Howard durften wieder heimgehen.

Ist Connery ein Politiker? Nie gewesen. Aber er kann womöglich Wahlen beeinflussen. Souverän trat er beim SNP-Wahlkongreß auf die Bühne und hielt eine leise Fünf-Minuten-Rede mit der einfachen Botschaft: "Ich, Tam aus Dún Éideann, zwar ausgewiesener Nicht-Politiker, aber, wenn Ihr meint, Euer nationales Idol, ich will, daß unser Schottland bzw. Alba wieder ein selbständiger Staat wird." Stehender Applaus.

Apropos "National". Dieses oft definierte Wort hat in Schottland eine besondere Bedeutung. "Nationalist" heißt vor allem: das Gegenteil von "Unionist". Die Konservativen (und auch Labour) wollen die Union mit England, Connery dagegen eine unabhängige schottische Nation.

Zunächst bot die SNP ein pragmatisches, fast langweiliges Sachprogramm, und dann, kurz vor der Wahl – Spotlight on Big Tam . Es war seine erste politische Ansprache. Erstmals stand er im Scheinwerferlicht und war nicht Hamlet, King Lear oder James Bond, sondern einfach nur Thomas Connery.

Die Queen braucht übrigens keine Angst vor ihrem Ex-Agenten zu haben, denn der ist Anhänger des Fußball-Clubs Glasgow Rangers. Was bedeutet: Er gehört dem moderaten SNP-Flügel an, der das zukünftige freie Schottland im Commonwealth belassen möchte. Wer dagegen aus dem Commonwealth heraus will, ist Anhänger von Celtic Glasgow. So einfach ist das in Schottland.


 
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