© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/99 07. Mai 1999


Pierre Vilar: Der Spanische Bürgerkrieg / Spanien – das Land und seine Geschichte
Innenansicht eines ideologischen Krieges
Elvira Seidel

Vor 60 Jahren, am 1. April 1939, veröffentlichte General Franco sein Manifest "Der Krieg ist zu Ende", mit dem der Spanische Bürgerkrieg formal beendet wurde. Die Ursache für seinen Ausbruch knapp drei Jahre zuvor waren zunächst innerspanische Konflikte. Der Gegensatz zwischen dem konservativ-katholischen auf der einen und dem laizistisch-liberalen und sozialistischen Lager auf der anderen Seite wurde nirgendwo in Europa offensichtlicher als in Spanien, das seit 150 Jahren an der allgemeinen europäischen Entwicklung – so in der Ausgestaltung des Parlamentarismus – nur bedingt teilhatte. Das führte dazu, daß Machtkämpfe archaische und radikale Formen annahmen. Als im Frühjar 1936 eine linke Volksfrontregierung an die Macht kam, verschärfte sich die Atmosphäre des Mißtrauens, der Streik- und Gewaltbereitschaft. Am 17. Juli nahm der Bürgerkrieg mit einem Putsch unter General Franco seinen Anfang.

Zugleich war der Bürgerkrieg auch Teil der ideologischen Auseinandersetzungen in Europa. Hitler sicherte den Emissären Francos noch während der Bayreuther Festspiele im Juli 1936 im "Haus Wahnfried" seine Unterstützung zu; die spanischen Republikaner wurden unterdessen von der Sowjetunion und "Internationalen Brigaden" unterstützt.

Es ist informativ und in gewisser Weise erfrischend, die Ereignisse einmal nicht aus Deutschland-zentrierter, sondern gleichsam aus einer Innenansicht nachzulesen und dabei eine Fülle unbekannter Details zu erfahren. Doch wäre für die deutsche Neuausgabe dieser kurzen, zusammenfassenden Darstellung "Der spanische Bürgerkrieg" des Pariser Hispanisten Pierre Vilar eine knappe Einführung eines Historikers nützlich gewesen, die auf die Bedeutung des Spanischen Bürgerkriegs für die "antifaschistische" und "antibolschewistische" Mythenbildung in Deutschland einginge. Auf der Rückseite des Buches zitiert der Verlag aus der spanischen Zeitung El Pais, die das Werk als "historiographische Entsprechung zu Pablo Picassos ‘Guernica’" bezeichnet. Neuere Forschungen haben ergeben, daß der Luftangriff auf Guernica 1937 durchaus nicht das den Luftterror späterer Jahre präludierende Flächenbombardement war, als das er propagandistisch ausgeschlachtet wurde. Zweitens ist Picassos Behauptung, sein Bild sei ein Reflex auf die Zerstörung der Stadt gewesen, längst als nachgeschoben enthüllt worden. Auf diese doppelte Mystifikation als Empfehlung hätte man gern verzichtet. Eine Zeittafel und ein Personenregister sucht man vergebens.

Spanien, das heute mehr oder weniger an der Peripherie der Europäischen Union liegt, war einst die Hegemonialmacht Europas. Über seine geschichtlichen Hintergründe vom achten Jahrhundert bis in die nachfranquistische, demokratische Ära kann man sich vertiefend in dem Buch "Spanien. Das Land und seine Geschichte von den Anfängen bis heute" desselben Autors informieren, das jetzt ebenfalls bei Wagenbach erschienen ist und längst als "Klassiker" gilt.

 

Pierre Vilar: Der Spanische Bürgerkrieg, Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 1998, 142 Seiten, 19,80 Mark;

Pierre Vilar: Spanien. Das Land und seine Geschichte von den Anfängen bis heute, Klaus Wagenbach, Berlin 1998, 188 Seiten, 19,80 Mark


 
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