© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/99 14. Mai 1999


Kino: "Virus" von John Bruno strahlt wenig Originalität aus
Gefangener der Technik
Claus-M. Wolfschlag

Irgendwie hatte man das alles doch schon einmal, denkt man sich immer öfter bei manchen neuen Filmen. Das geht dem Zuschauer sicher auch mit "Virus" so, dem Regiedebüt John Brunos, der sich in der Vergangenheit vor allem durch seine visuellen Effekte für zahlreiche Phantastik-Filme ("Ghostbusters", "Poltergeist II", "Abyss") einen Namen gemacht hatte.

"Virus" spielt in der Einsamkeit der hohen See: In den Weiten des Südpazifik schippert der kleine Bergungsschlepper "Sea Star" vor sich hin, als plötzlich vor ihm ein scheinbar regungslos treibendes russisches Forschungsschiff auftaucht. Die Besatzung ist verwirrt, denn Funksprüche werden nicht beantwortet und Zerstörungen auf dem Geisterschiff weisen auf Kämpfe hin.

Kapitän Everton (Donald Sutherland) wittert Morgenluft, denn ein herrenloses Schiff verspricht einen hohen Finderlohn. Die Besatzung, allen voran Kit Foster (Jamie Lee Curtis) und Steve Baker (William Baldwin), geht an Bord und setzt die Stromversorgung in Gang. Dieses Vorgehen erweist sich als schwerwiegender Fehler, denn obskure Roboterwesen setzen sich daraufhin in Bewegung und beginnen immer mehr die Besatzungsmitglieder als Jagdbeute zur Erlangung organischer Rohstoffe zu verwenden. Da begegnet die "Sea Star"-Crew der letzten russischen Überlebenden, Nadia (Joanna Pacula), die den Ungläubigen das Schicksal ihrer Mannschaftskameraden schildert: Die "AkademieVladislav Volkov" hatte ihre riesigen Parabolantennen auf die im Orbit befindliche Weltraumstation MIR ausgerichtet, als aus dem Weltall eine knisternde Energiemasse auf das Schiff zukam, in dessen Bordcomputer eindrang und sich der Energiekreisläufe des Schiffes bemächtigte. Wie ein Wirt schien die Energie zu lernen, die technischen Apparaturen zu kontrollieren, eigenständig mit Hilfe der an Bord befindlichen technischen Apparaturen Roboter zu bauen. All dies waren die logistischen Vorstufen zum eigentlichen Ziel dieser als Energiefeld strukturierten Lebensform aus dem Universum: Die Menschheit zu vernichten, da diese als Krankheitserreger, als "Virus", identifiziert wurde.

Irgendwie kennt man das alles schon, denkt sich der Betrachter: Die vom modernen Menschen entwickelte Maschinenwelt, die beginnt, diesem aus den Händen zu gleiten, sich zu emanzipieren und den Menschen letztlich zu versklaven, begegnete einem in Filmen wie "Colossus" und "Des Teufels Saat". Die kleinen Roboterwesen scheinen in ihrer Nachahmung von rächerischen Tiergestalten aus "Screamers-tödliche Schreie" entsprungen. Die extraterrestrische Bedrohung in den dunklen Gängen eines im Grunde herrenlosen Schiffes wurde bereits bei "Alien" in Szene gesetzt. Und zahlreiche Science-Fiction-Streifen drehen sich um die Selbsteinschätzung des Menschen als habgierigen, umweltschädlichen "Krankheitserreger", der das natürliche ökologische Gleichgewicht der Erde zu kippen droht.

Strahlt "Virus" deshalb keine besondere Originalität aus, besitzt der Streifen kaum neue intellektuelle Impulse, so ist dennoch ein spannender Action-Thriller dabei herausgekommen, der die vorhandenen Elemente eklektisch nutzt, um dem Zuschauer zumindest stimmungsreiche Unterhaltung zu bieten. Der Film läuft ab 20. Mai in den Kinos.


 
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