© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/99 11. Juni 1999


Wehrmachtsausstellung: Die umstrittene Schau ist nach Hamburg zurückgekehrt
Millionen Bürger beschimpft
Jochen Arp

Hamburg in Angst" überschrieb eine Hamburger Zeitung einen panischen Beitrag. Anlaß einer solchen Hysterie war die Eröffnung jener sich wissenschaftlich gebenden Schau "Vernichtungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht", die seit geraumer Zeit in den meisten Zeitungen stets mit dem berechtigten Attribut "umstritten" versehen wird. Ihre Generallinie, "die Wehrmacht" – und das waren im Zweiten Weltkrieg etwa 17 Millionen Deutsche und zwei Millionen Ausländer – sei zum größten Teil in Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verwickelt gewesen, mußte mit ihrer Maßlosigkeit nicht nur die Zahl der noch lebenden deutschen Soldaten provozieren, sondern auch jene aus der nachgewachsenen Generation, die sich sachlich mit dem Geschehen des Zweiten Weltkrieges befaßt haben.

Getroffen werden soll offensichtlich auch die Bundesrepublik Deutschland, deren Bundeswehr von jenen angeblichen "Verbrechern" der Wehrmacht aufgebaut worden ist. Und nicht nur sie; auch die Nachkriegswirtschaft wie überhaupt die Gesellschaft der BRD soll das Werk jener "Verbrecher" gewesen. Die verschiedenen Bundesregierungen aber tun so, als ginge es sie nichts an, wenn die Axt an die Wurzel des Gemeinwesens gelegt wird und Millionen ihrer Bürger beschimpft und verleumdet werden.

Einer der alten Wehrmachtsoffiziere und wesentlichen Träger des jetzigen Deutschland hatte den Mut, Aktivitäten der Gruppe um die Hauptverantwortlichen Jan Philipp Reemtsma und Hannes Heer politisch dort einzuordnen, wohin sie gehören: in die äußerste linke Ecke des politischen Spektrums. Helmut Schmidt: "Dergleichen linksextremistische Meinungen sind nicht verboten, sie sind gleichwohl gefährlich." Und über die Verantwortlichen: "Die gibt es in jenem Land; die muß man einfach ertragen."

Die Herkunft der Haupttäter ist kein Geheimnis. In der Zeit der 68er Krawalle jagte Heer an der Universität "Nazis", wie taz schrieb. Er randalierte, demolierte, wurde wegen Landfriedensbruchs, Sachbeschädigung und anderer Delikte mit kleinen Strafen belegt, gründete den SDS mit, jene Studentenorganisation, die von der SPD ausgeschlossen wurde, wechselte in die KPD der maoistischen Linie, wurde dann irgendwann ausgeschlossen, versuchte sich als Rundfunkjournalist, drehte "Dokumentarfilme". "Eigentlich fehlte nur noch der bewaffnete Widerstand gegen den Staat, der auf die alten Nazikader baute", so die taz.

Aber Heer ging nicht zur Roten-Armee-Fraktion, sondern wollte seine Ziele mit publizistischen Mitteln verfolgen. Irgendwann trafen sich Reemtsma und Heer, die beide aus nationalsozialistischen Elternhäuser stammen. Heers Vater war Mitglied der NSDAP, während Reemtsmas Vater als Industrieller einen hohen Rang innerhalb der Wirtschaftsführung im Dritten Reich einnahm. Man findet seinen Namen auf den Gästelisten von Staatsempfängen und unter den Mitgliedern von Freundeskreisen. Beide Halbbrüder Jan Philipps fielen als Soldaten der "verbrecherischen" Wehrmacht. Sein Vater vermachte ihm ein Firmenimperium, das er verkaufte, um von den enormen Zinsen nach seinen Gusto leben zu können. Er finanziert von dem Geld am linken Rand angesiedelte Projekte, darunter auch die Anti-Wehrmacht-Ausstellung.

Wer Reden und Aufsätze Reemtsmas liest, kommt zu dem Schluß, daß der Autor gegen die Deutschen einen kalten Haß kultiviert. Wie das mit seiner Familiengeschichte zusammenhängen könnte, mögen Psychologen klären.

Beide sind unbelehrbar und gesprächsunfähig. Heer hat in Aufsätzen und Interviews mehrfach erklärt, daß er Einwände gegen seine Ausstellung als Eingeständnis wertet. Im Laufe der Jahre hat es immer wieder fundierte Kritik gegeben. Es wurde nachgewiesen, daß Bilder anderes darstellten, als Unterschriften im Katalog aussagten. Nur wenn es gar nicht anders ging, bequemte man sich dazu, sie aus der Ausstellung zu entfernen. Ein Bild mit sich entkleidenden Männern sollte Juden zeigen, die gerade exekutiert werden. In Wahrheit war es bereits vor 1945 veröffentlicht worden und zeigte Juden beim Baden. Ein polnischer Historiker wies nach, daß Leichenberge, von denen in der Ausstellung behauptet wird, sie seien Opfer der Deutschen gewesen, tatsächlich vom sowjetischen Geheimdienst Ermordete waren. Heer zeigte sich uninteressiert. Viele Bilder tragen weder Datum noch Ortsangaben, Mindestvoraussetzungen, um wissenschaftlich ernst genommen zu werden. Akten aus sowjetischen Schauprozessen gegen deutsche Kriegsgefangene wurden übernommen, obgleich bekannt ist, unter welch schrecklichen Umständen die Geständnisse zustande gekommen waren. Juristen wie Historiker nahmen sich einzelne Komplexe der Ausstellung vor und konnten vieles widerlegen wie etwa die Behauptung, Bilder zeigten Erschießungen serbischer Zivilisten, obgleich es tatsächlich Partisanen waren, die völkerrechtswidrig deutsche Soldaten ermordet hatten und deshalb durch ein deutsches Standgericht verurteilt worden waren.

Heer behauptet, kein Historiker, speziell kein Militärhistoriker, habe die Faktentreue der Ausstellung bisher angezweifelt. Er hört einfach weg, wenn etwa der emeritierte Professor den Bundeswehrhochschule, Franz W. Seidler, ebenso wie der früher beim Militärgeschichtlichen Forschungsamt tätige Militärhistoriker Schustereit seine Ausstellung vernichtender Kritik unterziehen. Rüdiger Proske, langjähriger Wissenschaftsjournalist, hat in zwei Büchern nachgewiesen, die Ausstellung sei wissenschaftlich unbedeutend und politisch fragwürdig. Reemtsmas Antwort: "Auf vieles ließe sich leicht antworten. Vieles lohnt die Antwort nicht."

Zahlreiche Fachleute befassen sich in den beiden Büchern "Armee im Kreuzfeuer" und "Die Soldaten der Wehrmacht" (Vorwort von Ex-Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg) mit den dubiosen Seiten der Ausstellung. Reemtsma und Heer kümmert‘s nicht. Sie hüten sich, sich in einen Dialog mit den Kritikern einzulassen.

Mit dem Ausstellungsort Hamburg wechselt die Trägerschaft. An die Stelle des Reemtsmaschen Privatvereins "Hamburger Institut zur Sozialforschung" tritt ein Verein, zu dessen Mitgliedern Ignatz Bubis, Hans Joachim Vogel, Otto Schily und Hans Koschnik gehören. Zahlreiche deutsche und ausländische Städte sollen ihr Interesse an der Ausstellung angemeldet haben, was man verstehen kann, sofern es sich um ausländische handelt.

Gab man sich im Kreis der Verantwortlichen zunächst überparteilich, hat man die Maske nun abgelegt. Das wird deutlich an den Rahmenveranstaltungen, die sich in den jeweiligen Ausstellungsorten um die Schau gruppieren und in der Regel von Steuergeldern zumindest mitfinanziert werden. Auch in Hamburg finden sich alle wieder in einer gemeinsamen Front der Deutschenhasser: "Antifaschistische Aktionen", die Deutsche Kommunistische Partei, deren Jugendorganisation SDAJ, trotzkistische Gruppen, Antifa-Komitees, die VVN (bis zur Wende fast ganz und gar mit DDR-Geldern finanziert), die PDS bis hin zu Krawallgruppen der Autonomen, die in Hamburg im Schanzenviertel einen rechtsfreien Raum haben, in den sie sich zurückziehen und weitere Anschläge planen können. In Hamburg bekannten sie sich zu über 50 Attentaten – vom Anschlag auf das Haus des Reemtsma-Kritikers Rüdiger Proske über Brandanschläge auf Autobusse und Anschläge auf Denkmäler bis zu Attentaten auf das Haus des Ostpreußenblattes (die JF berichtete).

"Unter Helmut Schmidt als Kanzler hätte diese Ausstellung keinen Tag überlebt. Heute aber bestimmen andere Eliten über ihren Fortgang", triumphierte Hannes Heer. Und diese Eliten sorgten auch dafür, daß eine Protestdemonstration des Nationaldemokratischen Hochschulbundes ebenso verboten wurde wie eine dagegen gerichtete Demonstration autonomer und anderer linksradikaler Kräfte. In letzter Minute wurde die linke Demo doch noch zugelassen und somit die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unterlaufen.


 
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