© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    25/99 18. Juni 1999


Österreich: Die Freiheitlichen verloren über fünf Prozenztpunkte
Auch in Österreich siegte der Nichtwähler
(JF)

Mit Karl Habsburg kandidierte bei den Wahlen zum Europäischen Parlament in Österreich zwar ein politisch engagierter Kaisersproß, dennoch wurde ein anderer zum Kaiser von Österreich gewählt: der Nichtwähler. Warum die aus dieser Perspektive gesehen vermeintlichen Wahlsieger SP (31Prozent), VP (30,6 %) und Grüne (9,3%) des Jubelns nicht müde wurden, bleibt angesichts der Tatsache, daß nur jeder zweite Österreicher zur Urne zu bewegen war, schleierhaft.

Gut drei Millionen Wähler blieben zu Hause, was neben den Liberalen, die aus dem EU-Parlament flogen, auch die um 500.000 Wähler gerupften Freiheitlichen zu spüren bekamen. Daß Rote und Grüne so erfolgreich abschnitten und die Schwarzen nur knapp unter ihrem Ergebnis von 1996 blieben, hat gute Gründe: Abgesehen davon, daß die Sozialdemokraten ihren mächtigen Propagandaapparat voll einsetzten, lagen SP und Grüne mit der Neutralität thematisch nämlich goldrichtig. Der Kosovo-Konflikt und die wenig schmeichelhafte Kriegsführung der Nato verhalfen eben Österreichs totgeglaubter Neutralität zu einem Popularitätshoch, das Klima und Co. ebensogut zu nutzen wußten wie die Grünen, die die Wahl zu einer Volksabstimmung über die Neutralität umzufunktionieren versuchten. Wurde letzteren die Glaubwürdigkeit in dieser Angelegenheit nie bestritten, so verwunderte es schon,wie es dem inhaltlich eher farblosen Kanzler gelingen konnte, mit seinem von der Partei ungeliebten Spitzenkandidaten so mächtig zu punkten. Hätte doch allen klar sein müssen, daß er mit gespaltener Zunge spricht, nämlich im Ausland zur Aufgabe der Neutralität neigt, im Inland sie aber verteidigt.

Beachtlich immerhin auch, daß die von der FP mit wenig schmeichelhaften Untergriffen bedachte VP-Spitzenkandidatin Ursula Stenzel es beinahe im Alleingang schaffte, ihrer zuletzt gebeutelten Partei doch noch den zweiten Platz zu sichern.

Die FPÖ aber, die im Wahlkampf so stark favorisiert worden war – einige Prognosen sahen sie bereits an erster Stelle – mußte gewaltig Federn lassen. Wohl schnitten die Freiheitlichen besser ab als bei der letzten Nationalratswahl, gegenüber der EU-Wahl 1996 haben sie aber gut vier Prozentpunkte verloren. Trotz allem Zweckoptimismus und Beschwichtigungen werden die Freiheitlichen nicht umhin kommen, die Gründe ihres schlechten Abschneidens zu hinterfragen. Verantwortlich gemacht werden von Kritikern mittlerweile der halbherzige, zu spät begonnene Intensivwahlkampf, die Abwesenheit Haiders über lange Zeit, das Fehlen einer Personaldecke sowie das Hochschaukeln kurz vor der Wahl eines angeblich anstößigen Geldtransfers im Kandidatenumfeld. Sicherlich aber trug die niedrige Wahlbeteiligung in erheblichem Umfang zu diesem mageren Ergebnis bei. Freiheitliche Protestwähler, meist durchwegs EU-kritisch eingestellt, waren diesmal schwerer als sonst zu mobilisieren. "Erfolg war’s keiner", mußte denn auch Haider-Stellvertreterin Susanne Reiss-Passer mit bedrückter Miene eingestehen. Aber, dann schon optimistischer: die Nationalratwahl im Herbst sei "eine ganz andere Wahl". Was sicher richtig ist, aber da wird es schon einer besonderen Anstrengung des Jörg Haider bedürfen, um in altgewohnter Weise ein tolles Ergebnis in die blaue Scheune zu fahren. Wie er das neben seinem Geschäft als Kärntner Landeshauptmann bewerkstelligen will, darauf darf man gespannt sein.

Wesentlich gemütlicher darf wohl der junge Habsburg die Sache in Zukunft angehen. Er werde zwar auch weiterhin politisch aktiv bleiben, aber für den Nationalrat werde er nicht kandidieren, läßt er verlauten. Als Präsident der Paneuropabewegung Österreich will er sich weiter engagieren und für die im Wahlkampf propagierten Themen – von der Familienpolitik bis zur Erweiterung der EU – arbeiten.


 
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