© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    25/99 18. Juni 1999


Zitate

"Angesichts dieser uns bevorstehenden Bilanz mußte die Friedenseuphorie, die sich Ende letzter Woche breitmachte, regelrecht makaber wirken. Aus den Reihen deutscher Politiker konnte man vernehmen, dies sei nun hoffentlich der endgültig letzte Krieg in Europa gewesen. Der Krieg, der alle Kriege beendet? Das hat man uns nun wahrlich schon so oft versprochen. Die westlichen Politiker klopften sich noch voller Stolz selbst auf die Schultern, Bundeskanzler Schröder hatte gerade in höchsten Tönen die verantwortungsvolle Haltung des russischen Präsidenten Jelzin gepriesen, da gab es die erste böse Überraschung. Ohne Absprache mit der Nato rückten russische Truppen über Serbien in das Kosovo ein (ironischerweise ohne Mandatierung der UNO, auf deren Oberaufsicht die offizielle russische Propaganda doch so vehement pocht) und wurden von der dortigen serbischen Bevölkerung wie Befreier gefeiert. (…) Das Ende des Kosovo-Kriegs hat nicht den ewigen Frieden eingeläutet. Es hat neue, konfliktträchtige weltpolitische Konstellationen hervorgebracht."

Richard Herzinger im Berliner "Tagesspiegel" vom 14. Juni 1999

 

 

"Die niedrige Wahlbeteiligung im Spiegel des 64-Prozent-Erfolges Stoibers zu betrachten, bringt eine Erkenntnis: Die Bevölkerung wünscht sich ein Europa stark vor allem als Abwehrgemeinschaft gegen Fremdes. Das Europa der dichten Grenzen und der gemeinsamen Bekämpfung der globalisierten Kriminalität ist kein Alptraum für die Mehrheit; ein Europa jedoch, das die Selbstverwirklichung seiner Einwohner nach Lust und Laune behinderte, das will man auf keinen Fall. Da ist man sich gleich von den Bayern bis zu den Briten. Die fast überall niedrige Wahlbeteiligung läßt sich auch als Distanzierung von einem Parlament lesen, dessen Machtanspruch zur Kontrolle der Kommission nicht mehr Sympathien erringt als deren Machtversessenheit beim Nivellieren regionaler Sonderheiten in den Mitgliedsländern."

Georg Paul Hefty in der "Frankfurter Allgemeinen" vom 15. Juni 1999

 

 

"Ein religiöser Fundamentalist, der westliche Popmusik hört, wird dadurch noch nicht zum Verfechter eines liberaldemokratischen Gesellschaftsmodells. Das Hoffen auf eine globale Zivilgesellschaft im Zuge der Ausbreitung des westlichen Konsumstils muß also ergänzt werden durch ein aktives kosmopolitisches Weltbürgertum, das im Sinne des interkulturellen Dialogs grenzüberschreitend integrativ denkt und handelt."

Lars Brozus/Michael Zürn im Themenheft "Globalisierung" der "Informationen zur politischen Bildung" , Nr. 263/1999

 

 

"Die Integrationskraft der Union in der Opposition ist beträchtlich – auch nach rechts(außen). Was kaum beachtet worden ist: Die Partei der Republikaner, denen sonst Europawahlen viele Stimmen bescheren (1989: 7,1 Prozent; 1994: 3,9 Prozent) kam nur auf 1,7 Prozent, obwohl die Konkurrenz von der DVU – möglicherweise aufgrund verdeckter Absprachen hinter den Kulissen – gar nicht angetreten war."

Eckhart Jesse, Parteien- und Wahlforscher, in der "Welt" vom 15. Juni 1999

 

 

"Was als innenpolitische Botschaft übrigbleibt, ist die ultimative Mahnung des Wahlvolkes an die rot-grüne Regierungskoalition. Dabei ist es nicht einmal zuerst bewußter Ärger über den einen oder anderen konkreten politischen Fehler, über den sich reden ließe. Nach acht Monaten Regierung Schröder war vielen einfach nicht mehr klar, warum sie noch einmal für SPD oder Bündnisgrüne hätten stimmen sollen: Profillosigkeit als Kernproblem – alarmierender kann die Zwischenbilanz kaum ausfallen."

Richard Meng in der "Frankfurter Rundschau" vom 15. Juni 1999


 
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