© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    26/99 25. Juni 1999


Helmut Harff
Mit Verstand und Gespür
von Kai Guleikoff

Der 14. Juni dieses Jahres ist in die Geschichte der Bundeswehr eingegangen: Erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges mußten deutsche Soldaten im Ausland einen Schußwechsel bestehen. Die Thüringer Gebirgsjäger aus Schneeberg bestanden ihn mit Bravour. Die angreifenden serbischen Freischärler wurden erschossen, eigene Verluste gab es nicht. Kameramänner des Fernsehens dokumentierten dieses Ereignis für die Nachwelt. Die oberste Verantwortung im Einsatzgebiet für diese Soldaten hat der Brigadegeneral der Fallschirmjägertruppe, Helmut Harff. "Besser schneller zur Waffe greifen, als zu spät" ist eine seiner immer wieder gestellten Verhaltensforderungen für militärische Krisengebiete.

In diesen hat der 60jährige Rheinländer Erfahrungen gesammelt, wie kaum ein anderer Bundeswehrsoldat im Generalsrang. Von Juli bis September 1993 stand Harff an der Spitze der deutschen Truppen in Belet Huen/Somalia. 1997 wurde er Stabschef der Multinationalen Division Südost in Mostar/Bosnien. Der ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, Boutros Ghali, wollte ihn sogar zum "beigeordneten Generalsekretär" erheben und Harff zum "Generalstabschef" für alle friedenserhaltenden UN-Operationen weltweit einsetzen. Doch wie Boutros-Ghali an Madeleine Albright scheiterte, versagte Volker Rühe dem erfolgreichen Brigadegeneral den überschnellen Aufstieg. Ähnlich erging es übrigens dem höchstdekorierten deutschen Soldaten seit dem Zweiten Weltkrieg, General Klaus Naumann. Jahrgang 1939 wie Harff, überstand er als politischer Zögling von Helmut Kohl den Dauerkonflikt mit Rühe und wurde am 24. Mai 1999 als Vorsitzender des Militärausschusses der Nato in den Ruhestand verabschiedet.

So hohe Protektion hatte Helmut Harff nicht. Er mußte weiterhin ausschließlich durch Erfolg überzeugen. Ohne Zweifel abträglich für ihn ist seine kritische Einstellung zu US-amerikanischen Szenarien von Konfliktlösungen ("Rambo-Methoden"). Diese kritisierte er sowohl in Somalia als auch im Luftkrieg gegen Serbien. Während das offizielle Bonn darüber Entsetzen zeigte, ließ diese Kritik die Gemaßregelten kalt. Harff wird als "German on the front" geschätzt. Bekannt ist sein Gespür für lokale Konfliktlösungen. In Somalia akzeptierten ihn die mächtigen War-Lords ebenso wie die Clanchefs der Albaner im Kosovo.

Den Beinamen "Habicht" trägt Harff nicht nur wegen seines Aussehens. In entscheidender Situation macht er seinem Barett-Abzeichen alle Ehre: Pfeilschnell die Beute überraschen und sie nicht mehr aus den Fängen entkommen lassen. Kaum vorstellbar, daß dieser Mann bereits Mitte August dieses Jahres Pensionär in Regensburg sein wird und an Sonntagen mit Ehefrau und zwei Töchtern an der Donau promeniert.


 
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