© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    28/99 09. Juli 1999


EU-Parlament: Eine Tagung der Adenauer-Stiftung
Rechte Öffnung
Ines Steding

Nach den Wahlen zum Europäischen Parlament am 13. Juni gibt es zwei neue Koordinaten, die sich mit steigendem Tempo aufeinanderzubewegen: Zum ersten Mal hat die konservativ/christdemokratische EVP-Fraktion in der seit 1979 fünften Wahl zum Straßburger Plenum die Sozialisten als bis dato stets stärkste Formation überrundet. Darüber hinaus trifft dies zusammen mit den erweiterten Befugnissen des Europäischen Parlaments, wie im Vertrag von Amsterdam festgeschrieben.

Anlaß genug für das Europa-Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Brüssel, Alejandro Agag Longo (28), seit einem halben Jahr amtierenden Generalsekretär der EVP, um seine politische Einschätzung zu bitten. Erwartungsgemäß widmete er einen guten Teil seiner Ausführungen den Fragen um die Neubesetzung der Kommission und ließ es an klaren Worten nicht fehlen.

Aus dem "positiven Zeichen" für die CDU, die die Wähler mit ihrem auf soziale Marktwirtschaft abgestellten Programm überzeugte, leitete er ab, daß die Union nunmehr auch in der Kommission angemessen vertreten sein sollte. Der erstmalig für seine Heimatstadt Madrid ins Europa-Parlament gewählte Agag Longo legte Bundeskanzler Schröder eindringlich nahe, nicht von Anfang an das Zusammenspiel von Parlament und Kommission zu trüben.

Ohne sich auf den häufig gehandelten Elmar Brok (CDU) festnageln zu lassen, ließ er keine Zweifel daran aufkommen, daß die EVP-Fraktion die neuerdings auszuübenden Zustimmungsrechte, was die Vorschlagsliste der Kommission betrifft, ausschöpfen wolle.

Doch bei der Ernennung eines Kommissars aus den Reihen der Union wird auch eine gute politische Tradition eingefordert. Schon Altkanzler Kohl gestand der seinerzeit oppositionellen SPD zu, Monika Wulff-Matthies als Kommissarin nach Brüssel zu entsenden. Zielführend war damals, daß auch auf transnationaler Ebene die maßgeblichen nationalen politischen Kräfte repräsentiert sein sollten, was nun unter anderen Vorzeichen wieder aktuell wird. Auf der diese Woche in Spanien stattfindenen Strategiekonferenz der EVP-Abgeordneten werden die Köpfe wohl auch damit argumentativ gefüllt werden. Absehbar ist allerdings, daß demnächst in Brüssel innerdeutsche politische Richtungskämpfe ausbrechen können, nachdem Bundeskanzler Schröder in einem Gespräch mit dem designierten Präsidenten der EU-Kommission Prodi kein Nachgeben zugunsten der Union signalisiert hat.

Die prozedurale Härte, die Agag Longo durchblicken ließ, ist aber auch Teil eines großen Gesamtpakets, welches die programmatischen Belange der gestärkte auf EU-Ebene gestärkten Konsevativen vorantreiben soll. Er hob hervor, daß die momentane Stärke der EVP eine Erfolgsgeschichte darstelle, haben doch unter dem Dach heterogene nationale Strömungen Eingang gefunden. Nicht zuletzt habe man sich Formationen auf dem rechten Flügel geöffnet, wobei er die Forza Italia nannte. Am Tage selber konnte er mitteilen, daß die bis dato unschlüssigen englischen Tories nun doch dem EVP-Verbund beigetreten sind. Ohne es weiter zu kommentieren, bemerkte der EVP-Generalsekretär, daß die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) es vorgezogen hätte, ohne fraktionelle Einbindung in Straßburg zu arbeiten.


 
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