© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    29/99 16. Juli 1999


Robert J. Eaton
Gläubiger Kapitalist
von Ralf Fritzsche

"Eine Sache, die wir heute ’globalen Kapitalismus‘ nennen, wurde entfesselt, und es gibt keinen Weg, ihn aufzuhalten", zeigte sich Robert J. Eaton überzeugt. Der globale Kapitalismus, erklärte der Vorstandsvorsitzende von Daimler-Chrysler, einem der mächtigsten Konzerne der Welt, sei deshalb "so unausweichlich und so kraftvoll, weil er eine Erweiterung der grundlegenden menschlichen Natur ist". Eaton war einer der Redner auf dem 7. Jahreskolloquium der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft, das Anfang Juli in Berlin unter dem Motto "Der Kapitalismus im 21. Jahrhundert" stattfand.

Geboren 1940 in Buena Vista im US-Bundesstaat Colorado, absolvierte Eaton ein Maschinenbaustudium an der Universität von Kansas. Von 1963 bis 1992 arbeitete er in verschiedenen Funktionen bei General Motors. 1988 brachte er es zum Präsidenten von General Motors Europe und wechselte 1992 als Vizepräsident zum Konkurrenten Chrysler, wo er 1993 Vorstandsvorsitzender und "Chief Executive Officer" der Chrysler Corporation wurde. Im November 1998 wurde Eaton, zusammen mit dem Chef der Daimler-Benz AG, Jürgen Schrempp, Vorstandsvorsitzender des fusionierten Konzerns von Daimler und Chrysler.

Sein Bekenntnis zum Kapitalismus ist absolut, wie man an seiner Rede unschwer erkennen konnte: "Menschen, Unternehmen, sogar Regierungen mögen es versuchen. Sie mögen versuchen, ihn mit ihren eigenen Interessen zu verschmelzen. Sie mögen versuchen, seine Verpflichtungen zu begrenzen und den Bestrafungen auszuweichen, die er aufbürdet. Aber sie werden alle scheitern." Der Siegeszug des Kapitalismus begründet sich seiner Meinung nach aus der von ihm favorisierten Globalisierung und Digitalisierung der Weltwirtschaft ("Nationale Grenzen können kein Mobiltelefongespräch verhindern, das Internet nicht aussperren...") sowie aus dem Untergang des Kommunismus, der versagte, "weil er versucht hat, die menschliche Natur zu verbiegen und einer ökonomischen Theorie anzugleichen". Seine Gegnerschaft zu jeder Art von Kollektivismus und Umverteilung und sein unerschütterliches Vertrauen in Wachstum und globalen Kapitalismus münden folglich in eine Art Sozial- (oder in diesem Falle ökonomischen) Darwinismus: "Die Schwachen müssen sich verändern, oder sie werden sterben." Nationale Grenzen können demnach ebenfalls nicht mehr die "Schwachen" beschützen, was tatsächlich für Unternehmen des Informationsmarktes gelte, in Zukunft aber auch solche Branchen wie die Schwerindustrie betreffen würde.

Auch wenn Eaton einräumt, daß der Kapitalismus seine Schattenseiten hat und "selten fair" ist, braucht er sich wohl keine Gedanken um seine Zukunft zu machen: Sein Jahreseinkommen beträgt umgerechnet rund 11,6 Millionen Mark.


 
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