© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/99 23. Juli 1999


Matthias Beltz
Geistreicher Wortspieler
von Werner Olles

1945 in Wohnfeld im Vogelsbergkreis geboren und aufgewachsen in der oberhessischen Kleinstadt Gießen, studierte Matthias Beltz Jura in Marburg und Frankfurt am Main und schloß 1969 mit dem ersten juristischen Staatsexamen sein Studium ab. In den bewegten Zeiten der Studentenrevolte gehörte er dem Frankfurter SDS an und nach dessen Auflösung der Gruppe "Revolutionärer Kampf". Diese beschloß 1970, ihre Kader zum "Studium der Weltrevolution" an die Fließbänder von Opel/Rüsselsheim zu delegieren – wohl auch, um der Arbeiterklasse, zu der man in einseitiger Liebe heftig entbrannt war, nahe zu sein.

Als dieses gewagte Experiment nach sechs langen Jahren beendet wurde, war man zwar der Weltrevolution noch um keinen Schritt näher gekommen, dafür hatte Beltz aber immerhin die originalen Bedürfnisse der Arbeiterklasse hautnah kennengelernt. Wahrscheinlich hat diese deprimierende Erfahrung seine Entscheidung stark beeinflußt, ab 1976 mit den verschiedensten Formationen – Karl Napps Chaostheater, Vorläufiges Frankfurter Fronttheater, Reichspolterabend – politisches Kabarett zu machen. Inzwischen ist er ein mit zahlreichen Preisen – Deutscher Kabarettpreis, Deutscher Kleinkunstpreis, Adolf-Grimme-Preis in Gold – ausgezeichneter Solist und wohl einer der geistreichen Repräsentanten des klassischen Kabaretts. Beltz hebt sich indes nicht nur wohltuend von der seichten Modeerscheinung der Comedy ab, sondern unterscheidet sich vor allem durch seine ganz und gar nicht politisch korrekte Gangart, seine hintersinnigen Kalauer und brillanten Wortspielereien auch von den meisten seiner eher traditionalistischen Kollegen.

In seiner Wahlheimat Frankfurt am Main findet Beltz – der ab und zu auch einmal ganz gern mit "rechten" Themen flirtet und eine gewisse ironische Distanz zu seiner eigenen linksradikalen politischen Vergangenheit kultiviert hat – genau jene kleinen und großen Gemeinheiten und jenen alltäglichen Horror, die er dann wohldosiert und mit offensichtlichem Vergnügen seinem leichtgeschockten Publikum zwischen einem launigen Bonmot über Verantwortungsethik und einem süffisanten Geistesblitz über Seinsbetroffenheit zum Fraß vorwirft. Daß dieses Publikum die politische Unkorrektkeit von Beltz auch noch mit stürmischem Applaus honoriert, gehört zu jenen Mysterien, die selbst der Kabarettist nicht zu deuten vermag, und dies, obwohl er Adorno und Carl Schmitt gelesen hat.

Seinen Beruf hält er für Schwerarbeit, die aber dennoch Spaß mache. Nur leichter sei es mit der neuen Bundesregierung nicht geworden. Schröder habe einfach "zu wenig Substanz", etwas lustiger sei es mit dem "eitlen Otto Schily", geradezu genial aber sei Rudolf Scharping, bei dem er schon lachen müsse, wenn der Verteidigungsminister nur den Mund aufmache.


 
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