© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/99 13. August 1999


Führungsinstrument
von Klaus Hammel

Die Verlegung von Ministerien aus Bonn nach Berlin führt überraschenderweise zu weiteren positiven Entwicklungen. Im Bereich des Verteidigungsministeriums, von dem der "Kernbereich", das heißt das unmittelbare Führungsinstrument des Ministers einschließlich des Generalinspekteurs nach Berlin umziehen, führt dies sogar zu Tabubrüchen. Zur Führung der Streitkräfte soll ein Generalstab geschaffen werden, mit der Stärkung der Position und Bedeutung des Generalinspekteurs. Warum ein Tabubruch?

Schon in Versailles wurde den deutschen Streitkräften, in diesem Falle der Reichswehr, ein Generalstab verboten. Galt doch dieser – ein äußerst effizientes militärisches Führungsinstrument – als der Hort des "preußisch-deutschen Militarismus". Nach 1945 wurde der Generalstab als verbrecherische Organisation in Nürnberg angeklagt. Zu einer Verurteilung kam es nicht, weil der "Gruppencharakter" als Organisation nicht nachgewiesen werden konnte. So war man beim Aufbau der Bundeswehr peinlichst bemüht, allen Anschein auf einen Generalstab als Führungsinstrument der Bundeswehr zu vermeiden.

Die Inspekteure der Teilstreitkräfte , die im Prinzip generalstabsmäßige Führungsaufgaben zu erfüllen hatten, übten sowohl Führungsfunktionen gegenüber der Truppe aus, waren aber auch als ministerielle Abteilungsleiter in den Geschäftsgang des Ministeriums eingebunden. Der Befehlsweg ging und geht daher vom Minister unmittelbar über die Inspekteure in die Truppe. Eine Betonung des Primats der Politik, besser des "Primats des Zivilen", wie es in anderen Staaten nicht vorkommt.

Die Position des Generalinspekteurs war und ist äußerst schwach: Oberster militärischer Repräsentant, militärischer Berater des Ministers und – im Laufe der Zeit – mit etwas mehr Einfluß, als Koordinator bzw. Verantwortlichem für die Bundeswehrplanung. Er hat aber keine Befehlsbefugnis über die Teilstreitkräfte; die Koordinierung mit den zivilen Abteilungen des Ministeriums erfolgt auf der Ebene des Ministers. Alle Versuche, ein effizienteres Führungsinstrument zu schaffen, wurden mit dem Argument der "Militarisierung" abgewürgt.

Ein Generalstab für die Bundeswehr wäre uneingeschränkt zu begrüßen! Nicht nur was ein zweckmäßigeres Führungsinstrument betrifft. Angesichts der erforderlichen Umfangsreduzierungen lägen hier auch personelle Einsparungseffekte durch den Abbau von Führungsredundanzen – Einsparungen, die dann nicht im Bereich der Truppe greifen müssen.

 

Klaus Hammel, Oberst i.G., war Chef des Stabes Wehrbereichskommando VI.


 
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