© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/99 13. August 1999


Kosovo: Ein Porträt des UN-Hochkommissars Bernard Kouchner
Meister der Selbstdarstellung
Charles Brant

Seine Berufung zum UN-Hochkommisar für die provisorische Verwaltung des Kosovo wurde vom offiziellen Frankreich heftig beklatscht. Ist er schließlich nicht der geistige Vater von "Droit d‘ingéren-ce" ("Recht auf humanitäre Intervention")?

Trotzdem waren auch kritische Stimmen zu dem bald 60jährigen zu vernehmen. Denn Bernard Kouchner ist vor allem ein Meister der Selbstdarstellung, der es versteht, das Elend anderer zu seinem Vorteil auszunutzen. Niemand hat vergessen, daß sein Auftritt in Somalia sich auf ein Photo-Posing mit Reissäcken beschränkte.

Dieser Profi in Sachen humanitäre Hilfe hat eine lange Karriere als Agitator hinter sich. In den sechziger Jahren kämpfte er für die Unabhängigkeit Algeriens, gehörte dem Vorstand der "Union kommunistischer Schüler" an und besuchte Fidel Castro. Mit Marck Halter ging er im Juni 1967 gegen den Sechs-Tage-Krieg auf die Barrikaden. 1969 begab er sich von Damas nach Biafra, wo er sich als Angestellter des Roten Kreuzes aufhielt. Bald darauf nahm er an der Gründung von "Ärzte ohne Grenzen" teil, dann an dem Aufbau von "Ärzte der Welt".

Auf der politischen Bühne erhielt er 1988 mächtig Auftrieb und schaffte es bis in die Regierung von Michel Rocand, der ihm das Sekretariat für humanitäre Aktionen anvertraute. Dieser Behörde bediente sich Kouchner fortan ungeniert als Agentur zur Vermarktung der eigenen Person. Und recht bald ernannte Mitterand ihn zum Minister. Kouchner arbeitete mit der Frau des Präsidenten zusammen, welche die Entscheidungsgewalt über die humanitären Angelegenheiten hat.

Sein Interesse an der Tragödie im früheren Jugoslawien erwachte Anfang dieses Jahrzehnts. Wie andere in Ungnade gefallene französische Intellektuelle sah er sehr schnell die Möglichkeiten, die dieser Krieg im Herzen Europas bot. Er zeigte sich in Dubrownik und anderswo. Der Überraschungsbesuch von François Mitterand in Sarajewo war seine Idee. In den letzten Tagen des gleichen Jahres führte er einen Konvoi nach Sarajevo, besuchte ein Gefangenenlager und zeigte dabei große rhetorische Entschlossenheit. Kouchner hatte sich während der letzten Monate als glühender Anhänger von Militärschlägen gegen Serbien gezeigt.

Seine Lebensgefährtin Christine Ockrent gilt als Stern des französischen Journalismus, und auch der Philosoph André Glucksmann, Erfinder des "National-Kommunismus", zählt zu seinen Freunden. Kouchner ist ein Arzt mit Playboy-Allüren, der sich darin gefällt, gleichzeitig die Rollen von Camus und Malraux zu spielen. Er genießt es, Interviews zu geben. Zur Not greift er auch selbst zur Feder: Herz, Schmerz, Wut, Trauer und Empörung sind dann die Lieblingszutaten.

Doch wie steht es mit dem konkreten Handeln? Alle, die Bernard Kouchner kennen, fürchten das Schlimmste für das Kosovo.


 
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