© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/99 27. August 1999


Hessen: Fischer-Freund wird UN-Sonderbeauftragter für das Kosovo
Koenigs geht, alle sind zufrieden
Werner Olles

Die Entscheidung ist gefallen. Auf Vorschlag von Bundesaußenminister Joseph Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) ist sein Parteifreund Thomas Koenigs, zur Zeit noch als Umweltdezernent in Frankfurt am Main tätig, am Montag zum stellvertretenden UN-Sonderbeauftragten für das Kososvo ernannt worden. Der 55jährige soll die Leitung der Zivilverwaltung der Vereinten Nationen im Kosovo übernehmen.

Koenigs und Fischer sind gute Freunde aus der gemeinsamen Frankfurter "Kampfzeit". Daß der Außenminister seine Weggenossen – speziell jene aus der legendären "Fischer-Gang" – nicht verkommen läßt, hat zuletzt die Berufung des ehemaligen Anführers des Kommunistischen Bundes Westdeutschlands (KBW), Hans Gerhart "Joscha" Schmierer, in den Planungsstab des Auswärtigen Amtes gezeigt. Hier fungiert bereits seit Regierungsantritt KBW-Funktionär Georg Dick als persönlicher Referent von Fischer.

In der Frankfurter Kommunalpolitik und der hessischen Landespolitik hat der Rückzug von Koenigs weder bei den politischen Gegnern noch bei den eigenen Parteifreunden größere Erschütterungen ausgelöst. Nachdem ihm Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) 1997 die Zuständigkeit für das Finanzdezernat entzogen hatte, war er nach dem für die Grünen verheerenden Wahlergebnis bei den Landtagswahlen 1999 von seinem Posten als Landessprecher zurückgetreten. Aktuell muß sich Koenigs mit einem "Akteneinsichtsausschuß", der Verwaltungsfehlleistungen in seinem Amtsbereich nachforscht, auseinandersetzen. Koenigs trägt danach die Verantwortung für immerhin 20 Millionen Mark Mehrkosten beim Ausbau der Abwasserreinigungsanlage Niederrad, investierte das gesamte Aufkommen aus der Grundwasserabgabe in Höhe von 14,5 Millionen Mark in Werbung und Marketing, vergab dabei Aufträge ohne schriftliche Vereinbarungen und berechnete zudem bei den Abwasserrechnungen den Nachbargemeinden 16 Millionen Mark zu wenig. So war Lutz Sikorski, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Frankfurter Römer, grundsätzlich nicht bereit, die Kosovo-Pläne seines Parteifreundes zu kommentieren. Lediglich die grüne Schuldezernentin Jutta Ebeling sprach von einem "herben Verlust", während die Frankfurter SPD-Vorsitzende Rita Streb-Hesse nur anmerkte, von Koenigs seien in letzter Zeit keine kommunalpolitischen Impulse mehr ausgegangen.

Indessen bereitet sich die CDU bereits auf die Übernahme des nunmehr freiwerdenden Umweltdezernats vor, das ihr nach den Vereinbarungen von SPD und Union in der "kommunalpolitischen Plattform" jetzt wohl zusteht.

So ist letzten Endes jeder zufrieden. Koenigs kann nun endlich die zunehmend ungeliebte Frankfurter Kommunalpolitik verlassen und – nachdem ihm weder landes- noch bundespolitisch neue Aufgabenbereiche angetragen wurden – im Ausland sein Glück versuchen. Dies veranlaßte den umweltpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im Römer, Markus Frank, zu der launigen Aussage, offenbar werde "das Kosovo zur Ruhezone für unhaltbare Politiker aus dem rot-grünen Lager". In der Tat darf man wohl füglich daran zweifeln, ob ausgerechnet Koenigs der richtige Mann ist, um dort zum Beispiel das Polizeiwesen aufzubauen.

Aber dafür sind die Grünen jetzt wenigstens einen führenden Funktionär los, der das Interesse an der Partei mehr und mehr verloren hatte, und die Main-Union erhält mal wieder ein Pöstchen, was wiederum deren Funktionäre glücklich macht. Bleibt zu hoffen, daß bei aller Rundum-Zufriedenheit keiner der Akteure vergißt, daß sie ihr Glück nicht zuletzt dem nimmermüden Einsatz von Außenminister und Vizekanzler Fischer verdanken, der seine alten Kumpels noch nie im Stich gelassen hat, wenn es ihm opportun erschien.


 
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