© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    38/99 17. September 1999


Thomas Prinzhorn
Liberaler Wiederkehrer
von Martin Pfeiffer

Bei der Präsentation des FPÖ-Spitzenkandidaten für die Nationalratswahlen im Oktober gelang Jörg Haider zweifellos ein glänzender Überraschungscoup. Nicht – wie allgemein erwartet – FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner machte das Rennen, sondern ein schon scheinbar Vergessener kehrte zu den freiheitlichen Blauen zurück und wurde auf Platz eins der Bundesliste gesetzt: Thomas Prinzhorn. Mit dem ausgewiesenen Wirtschaftsfachman an der Spitze hofft die FPÖ, im Revier der ÖVP wildern zu können.

Als Prinzhorn im November 1998 im Streit die FPÖ verließ und sein Nationalratsmandat niederlegte, registrierten die politischen Gegner der Freiheitlichen dies mit Genugtuung. Denn der ursprünglich aus der ÖVP stammende Papiergroßindustrielle genießt über alle Parteigrenzen hinweg großes Ansehen.

Prinzhorn wurde am 5. März 1943 in Wien geboren, studierte dort Maschinenbau mit Fachrichtung Betriebstechnik und ging anschließend in die USA, um in der Papier- und Verpackungsindustrie tätig zu sein. Dort studierte er auch an der Havard-Universität. Mit der Übernahme der Fabrik seines Vaters Ende der sechziger Jahre brachte er es durch Risikobereitschaft und Innovationsfreude zum zweitgrößten österreichischen Papierindustriellen.

Während er in den achtziger Jahren eine marode Papierfabrik aufkaufte und erfolgreich sanierte, richtete er sich Anfang der neunziger Jahre durch die Übernahme zahlreicher Unternehmen aus der Papierbranche im ehemaligen Ostblock fast selbst zugrunde. Nur dank staatlicher Garantien für Bankkredite rettete er sich vor dem Ruin.

Politisch engagierte sich Prinzhorn als ÖVP-Mitglied von 1978 bis 1993 in der Industriellenvereinigung, wobei er zuletzt Präsident der Wiener Landesgruppe war. Im Herbst 1995 ging er als Quereinsteiger in die FPÖ und fungierte von 1996 bis 1998 als Wirtschaftssprecher der Freiheitlichen im Nationalrat. Seine jetzige Rückkehr in die Politik wirkte sich schnell auf die Umfrageergebnisse für die Liberalen in Österreich aus: Mittlerweile liegt die FPÖ einige Punkte vor der ÖVP auf dem zweiten Platz.

Prinzhorns erfolgreiche unternehmerische Tätigkeit – sein Umsatz beträgt etwa eine Milliarde Mark – macht ihn und damit auch die Freiheitlichen attraktiv für Österreichs Industrielle, die bisher klassische Volksparteiwähler gewesen waren. Seine Forderung nach Abbau der Bürokratie sowie Senkung der Lohnnebenkosten klingt durchaus verlockend für den Mittelstand. SPÖ wie ÖVP sehen in der Berufung Prinzhorns einen Kanzlerkandidaten auf Abruf, da sich Jörg Haider niemals unterordnen werde und selbst auf den Kanzlerposten spekuliere. Jedenfalls Fall dürfte Prinzhorns Nominierung die Freiheitlichen endgültig regierungsfähig gemacht haben.


 
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