© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    38/99 17. September 1999


Südafrika: Eine Million Weiße haben das Land seit der Machtübernahme des ANC verlassen
Afrikaner müssen schwarz sein
Hans-Ulrich Pieper

Kapstadt. Mao Tse-tung wußte Rat. Als Julius Nyerere, Tansanias Präsident, ihn fragte, wie der weiße Rassismus zu überwinden sei, antwortete der große chinesische Revolutionär: "Erledigt die Farmer, alles andere wird folgen."

Seit Mai 1994, als Nelson Mandelas ANC die Macht in Südafrika übernahm, wurden dort 2.421 Farmüberfälle bekannt. 570 Farmer wurden ermordet. Allein in diesem Jahr kamen im Januar 59, im Februar 73 und im März 96 hinzu, so der aktuelle Polizeibericht aus Pretoria. Dabei handelt es sich meist um Farmer mit kleineren Anwesen, die einsam gelegen sind und nur wenige Arbeiter beschäftigen.

Die Mörder gehen ungewöhnlich brutal vor: sie kommen am Abend und bleiben bis zum Morgen. Sie wollen quälen. Vergewaltigen die Frauen. Verstümmeln das Vieh. Zünden Ställe und Wohngebäude an, um schließlich nach endlosen, bestialischen Torturen den Familienvater zu ermorden. Am Morgen verlassen sie die Farm.

In der Regel nehmen sie nur Waffen und Pkw’s mit, manchmal die Video- oder CD-Anlage. Die wenigen gefaßten Täter sind überwiegend gedungene Mörder aus Johannesburg. Die Auftraggeber konnten bisher nie ermittelt werden.

So kommt Graham McIntosh, Präsident des südafrikanischen Farmer-Verbandes, Agricultural Union (SAAU), zu dem Schluß: "Die Regierung scheint unfähig, die gegen uns gerichtete Gewalt-Kriminalität überhaupt zu erkennen. Nicht die Mörder fühlen sich bedroht, unsere Mitglieder, die Farmer leben heute in Angst."

Mordanschläge gegen Weiße langfristig geplant

Tatsächlich haben heute in Südafrika Kriminelle wenig Anlaß, die Polizei zu fürchten. Derzeit streikt sie gerade mit anderen Teilen des öffentlichen Dienstes, wie Lehrer und Ärzte. Von den 65 Morden, die täglich bis Ende 1998 in Südafrika erfaßt wurden, konnten nur wenige aufgeklärt werden. Allein in der Regierungs-Provinz Gauteng wurden 1999 jeden Monat 500 Morde festgestellt. Für die weiße Bevölkerung ist die Polizei offenkundig nicht da.

Dorothé Scarborough, Herausgeberin des christlich-konservativen UCANEWS-Pressedienstes: "Keiner weiß, ob die Polizeit kommt, wenn wir sie rufen. Deshalb beauftragen immer mehr Weiße private Sicherheitsunternehmen, um Familie und Unternehmen zu schützen – wenn man sich dies leisten kann."

Millionen Schwarze kommen zudem über die Grenzen nach Südafrika und drängen in die Townships. Völlig unkontrolliert werden sie zu einem Herd der Kriminalität, die sich gegen jene richtet, die noch etwas haben. 215 Menschen werden täglich durch Schüsse verletzt, allein im Baragwanath-Krankenhaus in Soweto müssen täglich zehn Patienten mit Schußwunden behandelt werden.

Inzwischen kommt es immer öfter zu regelrechten Feuergefechten zwischen Kriminellen und privaten Sicherheitskräften in den Einkaufszentren, wo am hellichten Tage Geschäfte ausgeraubt und Kassen geplündert werden. Der Farmer-Verband SAAU hat in einer umfangreichen Dokumentation festgestellt: "Hinter den Farmer-Morden steht eine Kampagne, die alle Weißen verschrecken soll.

Die Angriffe sind sorgfältig geplant. Die Abläufe auf der Farm (Einkaufszeiten, Schul- und Kirchgang, Feldarbeit) werden vorher studiert. Öfter wurden Frauen und Kinder vorher entführt und psychologischer Terror ausgeübt, dann die Farm überfallen. Farm-Überfälle geschehen viermal häufiger als Überfälle in den Städten. Waffen wurden in 27 Prozent und Fahrzeuge in 24 Prozent aller Überfälle gestohlen. Für die SAAU steht fest: "Wir befinden uns in einem Krieg des Terrors, der von höchsten Stellen gedeckt wird."

Man folgt heute dem ANC-Aufruf Peter Mokabas "Kill the Farmer. Kill the Boer." Das Ergebnis: eine Million Weiße haben das Land bereits seit der schwarzen Machtübernahme verlassen. Viele wollen folgen. Doch die bevorzugten Einwanderungsländer Australien, Neuseeland und Kanada haben hohe Einwanderungsbeschränkungen. Richard McMurray ist Elektriker, lebt in Kapstadt und will mit seiner Frau Charline und seinen beiden Kindern lieber heute als morgen nach Neuseeland: "Doch 25.000 Dollar pro Person, dazu Reise- und Transportkosten, Versicherungsnachweise usw. sind für uns unerschwinglich", erklärt der junge Familienvater.

"Das Land verlassen können praktisch nur die Wohlhabenden, Ärzte, Rechtsanwälte, Manager." Hatte Nelson Mandela diese Auswanderungsbewegung nicht besonders ernst genommen ("Sollen sie doch gehen..."), ist nach dem Wahlsieg des ANC in diesem Jahr Schluß mit lustig. Der neue Staats- und Regierungschef Thabo Mbeki erklärte, in der Kaprepublik gebe es immer noch "zu viel Versöhnlichkeit". Bejubelter Höhepunkt seiner Rede: "Afrikaner kann nur sein, wer schwarz ist."

Die Weißen fühlen sich zunehmend ausgegrenzt

Damit greift der bisherige Stellvertreter Mandelas nicht nur die Weißen frontal an. Ein beträchtlicher Teil der südafrikanischen Bevölkerung besteht aus Nachkommen indischer Einwanderer und aus Mischlingen. Aber Buren und Engländer kamen seit 250 Jahren ins Land. Die Buren bezeichnen sich selbst als "Afrikaaner" und ihre mit dem Niederländischen eng verwandte Sprache als "Afrikaans".

Die Weißen fühlen sich nunmehr weithin ausgegrenzt, verraten und in ihrer Identität bedroht. In The Star, der führenden Johannesburger Zeitung, reagierte der weiße Chefredakteur Max du Preez: "Das kann doch nicht wahr sein: die Tatsache, daß meine Haut weniger Pigmente aufweist als die eines Schwarzen reicht doch wohl nicht aus, mich als Nicht-Afrikaner zu betrachten."

Der weiße Journalist erhielt die Antwort flugs von der schwarzen Erziehungs-Politikerin Thobeka Mda. Unter dem provokanten Titel: "Können Weiße wirklich Afrikaner sein?" kommt die ANC-Repräsentantin und enge Mitarbeiterin Präsident Mbekis zu dem Ergebnis: "Die weißen Südafrikaner sind Europäer." Es sei "arrogant, anmaßend und lächerlich", den schwarzen Südafrikanern vorschreiben zu wollen, wen sie als Afrikaner bezeichnen dürften und wen nicht.

Und dann kommt Thobeka Mda zum eigentlichen Kern: "Ziel der Weißen ist es, mit der Behauptung, sie seien Afrikaner, ihren Anspruch auf Landbesitz in Südafrika zu untermauern. Diesen Anspruch aber gibt es so nicht." Max du Preez antwortet im Star: "Wenn die Schwarzen heute – nach Mandela – diesen Anspruch durchsetzten, zeigen sie genau das, was sie ihren weißen Gegnern vorwerfen – nämlich rassistisches Verhalten." Ansatzweise war bereits die "Affirmative Action" (Quotenregelung) unter Mandela auf die schwarze Vormacht auf allen gesellschaftlichen Ebenen aus: Mit dem Gesetz wurden die staatlichen Institutionen und Unternehmen nach "demographischen Mehrheiten" besetzt, das heißt beispielsweise weiße Offiziere aus der Armee entlassen und durch schwarze ersetzt – entsprechend ihrer demographischen Quote. Weiße Lehrer werden entlassen und durch schwarze ersetzt.

Die Regierungsstellen, Ämter und Verwaltungen betraf dies genau so wie die South African Airways – wo häufig nur noch der Flugzeug-Kapitän ein Weißer ist. Die Flugbegleiter und Stewardessen wurden fast ausschließlich ausgetauscht: aus weiß wurde schwarz. Die neue ANC-Administration strebt offenbar dasselbe für die Privatwirtschaft an: alle Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern sollen der Affirmative Action unterliegen.

Mit anderen Worten: Führungsaufgaben und Jobs werden nicht nach Qualifikation, sondern nach Quote künftig besetzt. Für den ANC ist das ein gewaltiges Arbeitsbeschaffungs- und Umverteilungs-Programm, für Kapitalgeber und Investoren der Ruin.

Der ANC erfüllt damit ein Wahlversprechen, gegen die Arbeitslosigkeit vorzugehen. Arbeitgeber und Anteilseigner verweisen auf die Entwicklung seit Mandelas Regierungsübernahme: eine Million Menschen sind seitdem arbeitslos geworden. Der Rand, die südafrikanische Währung, hat 80 Prozent seines Wertes verloren. Die Staatsschulden sind von 194 auf 404 Milliarden Rand gestiegen. Allein im letzten Jahr haben Konkurse 50 Milliarden Rand gekostet.

Die erhofften Investitionen blieben oft aus. Mercedes und BMW erklärten, daß man jetzt vernünftige Arbeitsgesetze und weniger Streiks und Kriminalität brauche. Südafrikanische Firmen verlegen Sitz und Produktion zunehmend ins Ausland. Die 100 größten Städte und Gemeinden des Landes sind bankrott. Die Universitäten, die sich noch vor Jahren mit dem Niveau jeder Hochschule der Welt messen konnten, haben ihren Standort inzwischen weithin eingebüßt. Auch hier wirkt sich die "Affirmative Action" bereits aus: praktisch werden nur noch schwarze Professoren eingestellt und schwarze Studenten zugelassen. Bantu Holomisa, einst Präsident der Transkei und ANC-Vertreter, jetzt Vorsitzender der "United Democratic Movement", resümiert: "Das Leben ist für die Mehrheit der Schwarzen unter dem ANC schlechter geworden. Jeder fühlt den Mangel. Das Volk versinkt in Armut, während viele ANC-Führer Multimillionäre geworden sind." Er verweist auf Nelson Mandela. Als sich der Politiker 1996 scheiden ließ, gab er sein Privatvermögen mit 40 Millionen Rand (ca. 15 Millionen DM) an – und das gerade sechs Jahre nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis.

Der ehemalige Ministerpräsident Gautengs und ANC-Weggefährte Mandelas, Tokyo Sexwale, besitzt heute 34 Prozent der Gem Diamond Mining Corp., für die er nach eigenem Bekunden 55 Millionen Rand aufbrachte. Genosse Shilowa – vor seiner Berufung zum Ministerpräsidenten Vorsitzender des KP-nahen Gewerkschaftsverbandes Cosatu – verweist stolz auf seine tägliche Zigarre, die mehr kostet, als ein schwarzer Arbeiter des Landes im Monat verdient.

Mit Waffengewalt gegen die Konterrevolutionäre

Erwartungsgemäß endeten die diesjährigen Parlaments-Wahlen mit einem klaren Sieg des ANC und der Kommunistischen Partei (SACP), die nunmehr de facto über eine Zweidrittel-Mehrheit verfügen. Nunmehr können auch die Forderungen und Ziele deutlicher erklärt werden. Mluleki George, ANC-Sekretär und Abgeordneter: "Wir werden die konterrevolutionären Elemente notfalls mit Waffengewalt bekämpfen. Um die Transformation im Lande zu beschleunigen, wird der ANC alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel anwenden."

Einen Tag nach der Wahl erschien das Bekenntnis-Buch des neuen Präsidenten Thabo Mbeki. Der Titel: "Die Zeit ist gekommen".


 
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