© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/99 24. September 1999


Kulturtagebuch: "Förderverein Bairische Sprache und Dialekte"
Vielfalt statt Uniformierung und Verödung
Michael de Wet

"Sprachen und Dialekte müssen genauso erhalten und geschützt werden, wie die Höhlenmalereien aus der Steinzeit, die Werke von da Vinci und Wolfgang Amadeus Mozart. Wir brauchen die bairische Sprache genauso wie gutes Wasser und saubere Luft. Sprachpflege ist so wichtig wie Tierschutz und Umweltschutz", sagt Hans Triebel, Vorsitzender des "Förderverein Bairische Sprache und Dialekte e.V." Dieser Verein hat sich – wie der Name sagt – den Erhalt des Bairischen auf seine Fahnen geschrieben. Deftig, hemdsärmelig und krachledern geht der Verein, der kürzlich seinen 1.500sten Mitstreiter begrüßen konnte, ans Werk zur Rettung der Muttersprache. Hinterwäldlerische Bierdimpfel sind es jedoch nicht, die sich da unter der Führung des knorrigen Triebel vor sechs Jahren zusammengetan haben. So illustre Namen wie Kardinal Joseph Ratzinger, Günther Nenning, Hannes Burger oder Sepp Daxmüler, Bayerns einziger grüner Bürgermeister, stehen in der Mitgliedsliste des Fördervereins. Der Verein sehe seine Bemühungen um den Erhalt der bayerischen Dialekte als Bestandteil des globalen Kampfes gegen Uniformierung und Verödung. "Vielfalt ist halt besser als Einfalt" meint der Vereinsvorsitzende. "Bairisch ist keine modrige, verstaubte Mundart von Hinterwäldlern und Gebirgsbewohnern, die grad noch fürs Museum taugt, sondern eine moderne, überaus farbige Sprache. Jugendliche und Kinder müssen aus der sprachlichen Bahnhofshallen-Anonymität wieder zurückgeführt werden in die Geborgenheit der heimischen Sprache mit ihrem reichen Schatz an Dialekten."

Daß es der Förderverein nicht nur bei Worten beläßt, zeigt seine jüngste Aktivität: Mit einer Unterschriftensammlung soll der Bayerische Landtag dazu bewegt werden, sich dafür einzusetzen, daß das Bairische in die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen aufgenommen wird. Was dem Sorbischen, Friesischen und Niederdeutschen recht ist, müsse dem Bairischen billig sein, so Triebel. Sprachwissenschaftliche Schützenhilfe erhält der Förderverein dabei durch den Regensburger Professor Anthony Rowley, der in dem Rundbrief – der entgegen seines bescheidenen Namens ein gedrucktes Periodikum von 32 Seiten mit einer Auflage von 4.500 Exemplaren ist und quartalsweise erscheint – wiederholt linguistische Beiträge beisteuert. "Das Bairische ist wie das Niederdeutsche eine Dialekt des Deutschen – aber kein Dialekt der neuhochdeutschen Schriftsprache", so Rowley: "Die niederdeutschen Verhältnisse entsprechen in jeder Hinsicht den bayerischen. Auch das Bairische ist objektiv organisch aus dem Westgermanischen entstanden und nicht aus der Schriftsprache ableitbar."

Ob diese Argumente den Landtag überzeugen werden? Ministerpräsident Edmund Stoiber signalisierte bereits Zustimmung: "Ich nehme das Anliegen des Fördervereins sehr ernst."


 
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