© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/99 01. Oktober 1999


Meldungen

Einheit: Streitgespräch zwischen Grass und Walser

HAMBURG. Zur deutschen Wiedervereinigung haben die beiden Schriftsteller Günter Grass und Martin Walser weiterhin unterschiedliche Standpunkte. "Es liegt immer noch kein Segen darauf", sagte Grass in einem Streitgespräch im Norddeutschen Rundfunk. Dagegen überwiegt für Martin Walser zehn Jahre nach dem Mauerfall das Positive. "Ich glaube, daß Intellektuelle dazu neigen, einer abstrakten Gerechtigkeit das Wort zu reden." In Wirklichkeit sei es schwer gewesen, eine ökonomisch "so kaputte Sache" zu übernehmen. Kein Gesellschaftssystem wäre da "ohne Gerechtigkeitsverluste ausgekommen", erklärte Walser. Grass hingegen kritisierte erneut die wirtschaftlichen Eigeninteressen der alten zu Lasten der neuen Bundesländer. "Es hat etwas stattgefunden, das ist nicht mehr auszuritzen: die Inbesitznahme. Der Westen hat zugegriffen", sagte Grass.

 

DDR-Kunst: Kontroverses von Schneider und Thierse

HAMBURG/MÜNCHEN. Zehn Jahre nach dem Fall der Mauer hat der Schriftsteller Rolf Schneider ein vernichtendes Urteil über die DDR-Kunst gefällt. "Das Gros der bildenden Kunst aus der untergegangenen DDR hat den radikalen Paradigmenwechsel der Zeit von 1989/90 nicht überstanden. Sie kollabierte zusammen mit dem Staat, in dem sie entstanden war", schreibt der 67jährige ehemalige Dissident in dem Hamburger Kunstmagazin Art. Die DDR sei zu einer "bildkünstlerischen Ödnis" geworden, weil das Regime bis zuletzt am Verbot der Avantgarde festgehalten habe. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse plädierte dagegen für die Überwindung einer "politisch mühsam verbrämten Igoranz" gegenüber der bildenden Kunst aus der DDR. Im Magazin Focus setzte sich der Germanist und SPD-Politiker für eine differenziertere Beurteilung von DDR-Kunst ein.

 

Tageszeitung "Die Welt" stiftet Literaturpreis

BERLIN. Zur Erinnerung an den Gründer und Herausgeber der Wochenzeitung Die Literarische Welt, Willy Haas, der das Blatt von 1925 bis 1933 leitete, hat die Welt einen Literaturpreis gestiftet. Der nach 1933 im Exil lebende Haas kehrte nach dem Krieg als britischer Presseoffizier nach Deutschland zurück und arbeitete bis zu seinem Tod 1973 zunächst als Controller, später als Theater- und Literaturredakteur für die Welt. Der mit 25.000 Mark dotierte Preis soll an Schriftsteller verliehen werden, die mit ihrem Werk zur grenzüberschreitenden Wirkung von Literatur beitragen. Die erstmalige Verleihung findet am 9. November in Berlin statt, der Preisträger wird Mitte Oktober während der Frankfurter Buchmesse bekanntgegeben. Zur Jury gehören der Schriftsteller Peter Härtling als Vorsitzender, der Welt-Redakteur Tilman Krause als Koordinator sowie die Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin Alissa Walser, der polnische Romancier Andzrej Szczypiorski, der Londoner Verleger George Weidenfeld und der amerikanische Historiker Fritz Stern.


 
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