© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/99 08. Oktober 1999


Nachruf: Zum Tod von Heinz G. Konsalik
Ohne Angst erzählen
Werner Norden

Insgesamt 155 Bücher hat er in 52 Jahren geschrieben. Sie wurden in 42 Sprachen weltweit übersetzt und erreichten eine Auflage von über 83 Millionen Exemplaren. Noch im Mai vergangenen Jahres erschien sein letzter Roman "Der Hypnosearzt". Danach zwang ihn seine schwere Zuckerkrankheit Abstand zu halten von seiner mechanischen Schreibmaschine, an der er bis dahin jeden Tag von morgens bis abends gesessen hatte und mit wahrhaft erstaunlicher Geschwindigkeit seine eigene publizistische Bilanz zu steigern vermochte.

Am vergangenen Samstag ist der meistgelesene deutsche Autor der Nachkriegszeit, der Schriftsteller Heinz G. Konsalik, in seinem Heim in Wels-Himmelsreich bei Salzburg im Alter von 78 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben. Erstmalig nahmen nun auch die Feuilletons der großen Tageszeitungen den "Erfolgsautor" wahr, den die Literaturkritik über Jahrzehnte als trivial abgetan hatte.

Tatsächlich war der Mann selbst mindestens so interessant wie seine Bücher. Denn hier war immerhin einer, der Phantasie und Lebenserfahrung hatte und vor allem schreiben konnte. Konsalik hatte – möglicherweise ohne es zu wissen – Erich Maria Remarques Rat an junge Autoren beherzigt: Erzählen, ohne Angst erzählen.

Am 28. Mai 1921 in Köln als Heinz Günther geboren – erst als Schriftsteller nahm er den Mädchennamen seiner Mutter an –, studierte er zunächst Medizin, brach sein Studium jedoch alsbald ab und war während des Zweiten Weltkrieges Kriegsberichterstatter in Frankreich und Rußland. Nach Kriegsende arbeitete er als Journalist, Lektor und Redakteur, einige Jahre war er stellvetretender Chefredakteur der Münchener Illustrierten. Sein erster Roman "Liebesspiel mit Jubilar" erschien bereits 1946. Aber erst gut zehn Jahre später gelang ihm mit "Der Arzt von Stalingrad" der große Durchbruch.

Konsalik schildert das Elend der deutschen Kriegsgefangenen in einem Lager in Sibirien ohne verlogenes Pathos, wenn auch moralische Töne und tugendhafte Sequenzen den Roman durchziehen. Nicht frei von Klischees – da gibt es den edelmütigen Arzt und die heißblütige russische Offizierin, die sich in den jungen deutschen Landser verliebt –, sah der Autor in seinem Werk einen Beitrag gegen den "Irrsinn des Krieges" und für Toleranz und Völkerverständigung. Das Buch wurde millionenfach verkauft und begründete zusammen mit "Strafbataillon 999" (1958), "Liebesnächte in der Taiga" (1964) und "Agenten leben gefährlich" (1970) seinen Ruf als Bestseller-Autor.

Neben den Landser-Geschichten aus dem Weltkrieg schrieb er Kriminal- und Arztromane und schließlich sogar Bücher, die sich – wenngleich ziemlich reißerisch – mit ernsthaften ökologischen Themen befaßten wie "Das Regenwald-Komplott" (1992). Mit dieser recht breiten Themenauswahl ähnelte er Johannes Mario Simmel, der jedoch, anders als Konsalik, bei Hofe ganz gut ankommt, weil er nicht auf den volkspädagogisch erhobenen Zeigefinger verzichten konnte und wollte und sich eher als Aufklärer denn als Unterhaltungsautor versteht.

Schon immer hatte das bundesrepublikanische Literaturestablishment Konsalik rechtskonservative und deutschnationale Tendenzen vorgeworfen. Zu Unrecht, denn der Schriftsteller war ein im besten Sinne des Wortes unpolitischer Mensch. Aber nicht einmal die ehrliche Offenbarung seiner allzu menschlichen Schwächen – gutes Essen, schöne Frauen – nutzte ihm etwas, als er Mitte der siebziger Jahre ins Visier der stramm linken Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) geriet. Diese hatte erwogen, analog dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels einem als besonders "revanchistisch" und "antikommunistisch" erachteten Autor einen sogenannten "Kriegspreis" zu verleihen und war dabei kurioserweise zunächst auf Ernst Jünger gekommen. Nachdem sich einige HBV-Funktionäre beraten hatten, war man jedoch zu der Überzeugung gelangt, daß dieser Schriftsteller wohl doch ein bißchen zu groß für die Propaganda-Aktion der Gewerkschaft war. Statt dessen hatte man sich flugs auf Heinz G. Konsalik geeinigt – in der korrekten Annahme, daß dann aus den Feuilletons wohl kaum Widerspruch kommen würde, wie dies bei Jünger zweifellos der Fall gewesen wäre.

Konsalik hat auch diese "Ehrung" mit stoischer Ruhe über sich ergehen lassen und fast bis zu seinem Tod weiter an seinen Büchern geschrieben.


 
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