© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/99 22. Oktober 1999


Frisch gepresst

Siegmar Fausts außergewöhnlich komponierter Roman "Der Provokateur" (Herbig Verlag, München 1999, 397 Seiten, 44,90 Mark) läßt sich als schockierende Lebensgeschichte eines unbequemen DDR-Bürgers lesen und als provozierender Bericht aus dem Inneren eines totalitären Systems, dessen Charakter im Westen überwiegend verharmlost wurde. Zugleich ist sein Buch aber auch eine faszinierende Reise durch die schillernde Literaturszene der DDR. Eine Art Gegengewicht zu den politischen Aussagen des Textes stellen die sehr intimen Passagen dar, in denen Faust Irrungen und Wirrungen in Sachen Liebe schildert.

Berliner Mauer. Fast dreißig Jahre lang war Berlin eine geteilte Stadt. Was sieht man heute, ein Jahrzehnt danach, noch von der brutalen Grenze zwischen beiden Stadthälften? Ganze Stadtgebiete, die wegen der Mauerlage ein trostloses Dasein fristeten, werden mit neuem Leben gefüllt. Einmalig war die Notwendigkeit und die Chance, mitten in einer Metropole so viel Raum völlig neu zu gestalten. Wie schnell die Wunden der Teilung heilten, zeigt der Bildband "Eine Stadt wächst zusammen. 10 Jahre Deutsche Einheit" (Jaron Verlag, Berlin 1999, 111 Seiten, 39,80 Mark) von Gabriele Camphausen, Christian Bahr und Günter Schneider. In der direkten Gegenüberstellung von Fotos aus der Mauerzeit und der unmittelbaren Gegenwart wird das städtebauliche Zusammenwachsen Berlins dokumentiert.

Otto von Bismarck hat für nachfolgende deutsche Kanzler Maßstäbe gesetzt, wie deutsche Politik und Deutschlandpolitik als Friedenspolitik für ganz Europa gestaltet werden kann. Politik war für ihn die Kunst des Möglichen. Er setzte sie ein, um die Sehnsucht der Deutschen nach Einheit und Frieden zu stillen. "Warum nicht von Bismarck lernen?" fragt der Bismarck-Verehrer Emil Schlee in seinen Aufsätzen und Vorträgen, mit denen er eine Wiederentdeckung der Gedankenwelt Bismarcks anzuregen sucht. Einige dieser Texte erschienen jetzt in dem Band "Otto von Bismarck und die Einheit Deutschlands" (Frieling Verlag, Berlin 1999, 109 Seiten, 14,80 Mark).

André Kostolany. Zu Recht bezeichnete sich André Kostolany als einen Wanderprediger der Börse. Seit Jahrzehnten reist er um den Globus und verkündet seine Prognosen zur Entwicklung der Wirtschafts- und Finanzwelt. Insbesondere in Deutschland ist er seit den sechziger Jahren geradezu zu einem Lehrer wirtschaftlicher Vernunft aufgestiegen. Hans-Jörg Kühnes "André Kostolany. Ein Wanderprediger der Börse im 20. Jahrhundert" (Dirk Lehrach Verlag, Düsseldorf 1999, 222 Seiten, 34,80 Mark) stellt die wichtigsten Stationen im Leben André Kostolanys vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse lebendig dar. Es ist ein Rückblick auf das 20. Jahrhundert, aber zugleich eine Hommage an einen Mann, dessen Analysen und Kommentare dieses Jahrhundert verstehen lassen.


 
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