© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/99 29. Oktober 1999


Affäre um die Wehrmachtsausstellung: Gespräch mit dem ungarischen Militärhistoriker Krisztián Ungváry über seine wissenschaftlichen Einwände
"Mich hat der deutsche Hang zur Singularität immer geärgert"
Dieter Stein

Herr Ungváry, neben dem polnischen Historiker Bogdan Musial sind Sie ein weiterer Militärhistoriker, der gravierende Mängel an den präsentierten Dokumenten in der Wanderausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht" offenlegt. Haben Sie ein besonderes Interesse an der Entlastung der Wehrmacht?

Ungváry: Nein, das überhaupt nicht. Besonders deshalb nicht, weil ich über Kriegsverbrechen der ungarischen Armee und Kriegsverbrechen im Karpatenbecken forsche. Also geht es mir überhaupt nicht darum, die Wehrmacht zu entlasten. Es geht eigentlich eher darum, auch andere Armeen zu belasten, weil ich die ungarischen Verbrechen erforsche, bzw. es geht mir darum, die historische Wahrheit kennenzulernen. Wer meine Kritik kennt, der weiß, daß damit die Weste der Wehrmacht auf keine Weise sauber gewaschen werden kann. Von rechtsradikalen Kreisen können meine Ergebnisse unmöglich für eine Rehabilitierung der Wehrmacht instrumentalisiert werden.

Musial weist bei neun von 801 im Ausstellungsband dokumentierten Bildern nach, daß sie nicht Opfer von Wehrmachtsverbrechen, sondern vielmehr Opfer des sowjetischen Geheimdienstes NKWD zeigen. Sie gehen danach weiter und stellen in einem Beitrag der Zeitschrift "Geschichte in Wissenschaft und Unterricht" fest, daß lediglich bei zehn Prozent der Bilder überhaupt absolut feststehe, daß sie Wehrmachtssoldaten zeigen. Neun Prozent der Bilder zeigten nachweislich keine Wehrmachtssoldaten. Was ist mit den übrigen 81 Prozent?

Ungváry: Der Rest teilt sich in folgende Kategorien auf: Es gibt Bilder, die überhaupt kein Verbrechen zeigen, sondern nur Landschaft. Es gibt Bilder, die Kriegshandlungen, aber keine Verbrechen zeigen. Es gibt Bilder, das sind 23 Prozent von allen gezeigten, die nur die Todesopfer zeigen, ohne Täter ...

Bei diesen Opfern weiß man nicht, wie sie umgekommen sind?

Ungváry: Erstens weiß man nicht, wo und wie sie umgekommen sind, und man weiß auch nicht, durch wen sie umgekommen sind. Es gibt eine Reihe Bilder, wo Sie die Toten sehen, auch Wehrmachtssoldaten oder Soldaten, die aber offensichtlich nur Zuschauer sind. Das große Problem mit diesen Bildern ist, daß Bilder eine sehr schwierige Kategorie sind, weil sie sich beliebig zuordnen lassen. Die Aussteller haben sich anscheinend kaum bemüht, diese Zuordnung überhaupt zu unternehmen, und erst aus der Presse erfahren, was diese Bilder eigentlich zeigen.

Als Forscher über ungarische Kriegsverbrechen sind Sie unter anderem darauf gestoßen, daß in der Ausstellung Bilder zu sehen sind, die der ungarischen Armee, aber nicht der deutschen zuzuordnen sind. Welche Rolle hat die ungarische Armee beim Ostfeldzug gespielt?

Ungváry: Die Ungarn waren Verbündete des Deutschen Reiches. Die am Krieg gegen die Sowjetunion beteiligten Staaten und deren Truppen handelten in eigener Verantwortung, waren zwar deutschen Kommandanten unterstellt, aber diese hatten auf ihre Tätigkeit nur wenig Einfluß. Und sie haben dasselbe gemacht, was die deutschen Truppen auch gemacht haben. Sie haben Dörfer ausgerottet, sie haben Juden erschossen, und alles Scheußliche, was hier in der Ausstellung gezeigt wird, haben die Ungarn genauso begangen oder sogar noch mehr, weil sie viel undisziplinierter waren als die deutschen Truppen. Das ist eben der ganze Schrecken dieser Welt, daß anscheinend gar keine Ideologie zu diesen Untaten nötig war.

Gibt es in Ungarn einen speziellen Nachholbedarf bei diesem Thema?

Ungváry: Ja, das würde ich schon sagen. Die ungarische Armee wurde in der kommunistischen Zeit zwar einerseits wie andere faschistische Organisationen kollektiv verdammt. Andererseits hat man die tatsächlichen Verbrechen gar nicht erforscht. Das ist genauso wie mit den Kriegsverbrechern nach dem Zweiten Weltkrieg. Es wurden viele Leute verurteilt, aber meistens bekamen diejenigen, die schuldig waren, ihr Urteil nicht für die konkrete Verantwortung für Kriegsverbrechen, sondern wegen politischer Delikte, weil sie zum Beispiel der Sowjetunion feindlich gesinnt waren. Und deshalb ist da wirklich ein sehr großer Nachholbedarf vorhanden, nur das große Problem ist, daß man nicht sagen kann, daß über die Schuld der ungarischen Armee nicht gesprochen wurde. Die Sache wurde bisher nur aus völlig falscher Sicht thematisiert.

Durch das Hamburger Institut für Sozialforschung, das für die Wehrmachtsausstellung verantwortlich ist, sind bereits dutzende Prozesse gegen Historiker, Zeitungen und Journalisten geführt wurden, um sie von kritischen Einwänden gegen die Ausstellung abzubringen. Wie bewerten Sie diese Vorgehensweise?

Ungváry: Ich finde das traurig und auch eigentlich auch kindisch. Wie mir bekannt ist, haben wir alle, die wir kritische Einwände gegen die Ausstellung jetzt publiziert haben, versucht, die Aussteller zuerst persönlich zu kontaktieren. Ich wollte auch an einer Konferenz über die Bilder teilnehmen, die die Aussteller veranstaltet haben. Aber als sie von dritter Seite mein Manuskript zugespielt bekamen, haben sie mich dann sofort ausgeladen. Ich kann mir das nur so erklären: Sie wollten nicht zur Kenntnis nehmen, was ich sage. Obwohl selbst ihre eigenen Mitarbeiter sie auf verschiedene Fehler hingewiesen haben, aber selbst diese haben sie nicht berücksichtigt. Das ist anscheinend eine Prestige-Frage. Und das ist sehr schade, da das Hamburger Institut durchaus in der Vergangenheit auch sehr gute Bücher veröffentlicht hat, so auch zur Geschichte der Sowjetunion. Es ist traurig, daß ein solches Institut sich in der Frage der Wehrmachtsausstellung so kindisch verhält.

Es darf bloß kein Einwand gegen die Funktion dieser Ausstellung vorgebracht werden?

Ungváry: Mir ist bekannt, daß in Deutschland diese ganze Geschichte sehr problematisch zu diskutieren ist. Einerseits gibt es unbelehrbare Kräfte, die überhaupt nichts von Verbrechen der Wehrmacht wissen wollen. Und es gibt auch sehr naive Vorstellungen, daß eine Armee sauber in einem Krieg bleiben könnte, weshalb eine Legende von einer sauberen Wehrmacht natürlich auf denkbar schwachen Füßen steht.

Das kommt ja eben noch hinzu. Die Wehrmacht wird ja nicht eingeordnet in das Kriegsverhalten der anderen Armeen, sondern es wird von den Ausstellungsmachern der Eindruck erweckt, als ob alle anderen Kriegsparteien möglicherweise sauber gekämpft hätten und nur die Wehrmacht sich wie die Axt im Walde benommen hätte.

Ungváry: Mal ganz abgesehen davon: es stellt sich überhaupt die Frage, ob in einem modernen Krieg eine Armee in der Lage sein kann, "sauber" zu kämpfen bzw. ob sich eine Institution moralisch verhalten kann. Eine Armee verhält sich nie moralisch, sondern zweckmäßig. Und so verhielt sich auch die Wehrmacht, aber auch andere Armeen. Ich halte es aber für legitim, daß eine Ausstellung nur die Verbrechen der Wehrmacht behandelt – das ist für mich kein Problem. Wenn, dann sollten aber dort wirklich nur solche Sachen behandelt werden, die tatsächlich auf ihr Konto gehen. Und es wäre darüber hinaus wichtig, auch hier irgendwie eine Relation herzustellen, damit der Besucher nicht meint, die Wehrmacht sei etwas Singuläres gewesen. Das hat mich eigentlich am meisten geärgert – immer dieser deutsche Hang zur Singularität, der vor 1945 als "positiver" und nach 1945 als "negativer" Nationalismus funktioniert.

Vor allen Dingen ist es eine Frage der Relation: Oft kann man die Schwere von Verbrechen erst daran messen, wenn man sieht, wie letztendlich doch der überwiegende Alltag der Armee gewesen ist.

Ungváry: Das Problem ist, daß die Verbrechen, die die Wehrmacht begangen hat, meistens Führungsverbrechen sind. Eine konkrete Person ist dafür verantwortlich, daß es einen Befehl zur Ausrottung von Dörfern oder von Menschen oder von irgendwas gegeben hat. Dies wird in der Ausstellung eigentlich wenig gezeigt. Das Schockierende sind die Bilder, die Soldaten zeigen, die meistens wenig oder gar keine Verantwortung für diese Verbrechen haben. Sie handeln meistens im Befehlsnotstand, juristisch gesehen. Das Problem ist also, daß die Ausstellung noch nicht einmal das zeigt, was sie verspricht. Sie zeigt Verbrechen, aber sie zeigt nicht unbedingt die Verbrecher.

Im Begleitband werden sogar die Männer des Widerstandes um den 20. Juli 1944 verächtlich gemacht.

Ungváry: Die Leute, die am 20. Juli ihr Leben geopfert haben: Mag sein, daß die meisten Antikommunisten waren, mag sein, daß sie zunächst selbst verblendet waren. Das ändert nichts an der Tatsache ihres mutigen und vorbildlichen Schrittes zum Widerstand.

Trägt der Krieg gegen die Sowjetunion nicht einen europäischen Charakter, und weniger einen ausschließlich deutschen? Es waren ja eine Vielzahl von Armeen beteiligt an diesem Krieg.

Ungváry: Der Krieg gegen die Sowjetunion war etwas ganz anderes als die anderen Kriegsschauplätze, und zwar aus zwei Gründen. Erstens hat Hitler hier auch andere Maßstäbe eingeführt, und zweitens hat die Sowjetunion selbst auch völlig andere Maßstäbe der Kriegführung angewendet als andere Armeen, und zwar von der ersten Minute an und nicht als Reaktion auf spätere Kriegsverbrechen von seiten der Angreifer.

Geht es den Ausstellungsmachern darum, pauschal eine Soldatengeneration zu verurteilen?

Ungváry: Für mich als ausländischer Beobachter ist das Problem schwer zu deuten. Es ist für mich unbegreiflich, wenn zum Beispiel als Symbol für diese Verbrechen ausgerechnet das Eiserne Kreuz genommen wird, besonders deshalb, weil dieses Eiserne Kreuz seit mittlerweile fast 200 Jahren existiert. Wegen einer Geschichte von vier Jahren wird praktisch die ganze deutsche Geschichte damit erledigt. Ferner wird immer von der Wehrmacht gesprochen, das ist auch unvermeidlich, nur wenn über Verbrechen gesprochen wird, dann müßte man das ungefähr quantitativ und qualitativ präzisieren. Mit anderen Worten: Wie hoch war der Anteil der Wehrmachtssoldaten, die tatsächlich an verbrecherischen Handlungen beteiligt waren? Diese Präzisierung findet in der Ausstellung nicht statt. Deshalb habe ich wirklich den Eindruck, daß da ein zu pauschales Urteil gefällt wird. Es würde wenig Energie kosten, dies zu korrigieren.

Auf die Einwände von Ihnen und Ihrem polnischen Kollegen reagieren deutsche Kommentatoren, indem sie sagen, hier werde mehr oder weniger aus einer Mücke ein Elefant gemacht. Es gehe ja wieder nur um ein paar Fotos und man könne diese ja ohne weiteres sofort wieder durch andere ersetzen.

Ungváry: Natürlich kann man die fehlerhaften Fotos ersetzen, obwohl die meisten auf der Ausstellung nicht der Ausstellung selbst gehören. Das heißt meines Erachtens, daß 90 Prozent der Fotos entfernt werden müssen. Das ist aber wieder kein Problem, weil die deutsche Wehrmacht genug Verbrechen begangen hat, um entsprechende Fotos zu zeigen. Die Begleittexte müßten genauso umstrukturiert werden wie die Fotos. Aber das läßt sich auch noch machen. Die Thesen der Ausstellung können jedoch schwer ausgetauscht werden, weil dann wirklich nichts mehr von der Ausstellung übrig bleibt. Das Problem ist halt, daß die Thesen völlig danebenliegen. Aber selbst wenn es nur solche Lücken sind, muß ich mich fragen, wie man eine Ausstellung derart unseriös machen kann, wie es hier geschah. Wie fragwürdig ist eine Ausstellung, in der man mit jedem zweiten Bild, auf dem identifizierbare Täter zu sehen sind, einen Purzelbaum schlägt. Bei jedem zehnten Bild habe ich nachweisen können, daß es überhaupt keine Wehrmachtsverbrechen zeigt, und bei den restlichen neun ist eines dabei, das ein Wehrmachtsverbrechen zeigt, und acht sind undefiniert. Das heißt: Es ist als wissenschaftlicher Maßstab ziemlich traurig. Ich glaube, daß ich in Ungarn an der Universität glatt durchfiele, wenn ich so unwissenschaftlich arbeiten würde.

Das heißt, das Urteil der Ausstellung stand von vornherein fest, und es fehlte nur noch das passende drastische Bildmaterial dazu. Das hat man sich dann so zusammengeschustert?

Ungváry: Ganz genau. Ich bin sicher, daß die Aussteller vorformulierte Urteile gefällt haben und dazu dann nur die Bilder heraussuchten.

Die Ausstellungsmacher subsumieren die kriegsrechtsmäßigen Vergeltungsmaßnahmen der Wehrmacht im Rahmen des Partisanenkrieges pauschal unter Kriegsverbrechen. Der Militärhistoriker Rolf-Dieter Müller vom MGFA kritisiert, daß über drei Viertel der Bilder aus dem Partisanenkrieg stammen und daß die notwendige Unterscheidung zwischen durch das Kriegsrecht gedeckter Partisanenbekämpfung und Kriegsverbrechen nicht getroffen wird. Sehen Sie das auch so?

Ungváry: Ich sehe das ähnlich. Ich muß hinzufügen, daß es aus moralischer Sicht natürlich empörend ist, wenn jemand, der sein Heimatland verteidigt, dafür umgebracht wird. Und moralisch kann ich durchaus verstehen, daß das als ein Verbrechen bewertet wird. Allerdings muß ich sagen, daß der Verbrecher dann nicht der Soldat ist, der diese Partisanen umbringt. Der Soldat hatte keine andere Wahl und es gibt ein Kriegsgesetz, das diese Form der Partisanenbekämpfung erlaubt. Ein Partisan muß damit rechnen, daß er umgebracht wird, wenn er sich als irregulärer Kämpfer betätigt. Ich verstehe also einerseits die moralische Empörung, andererseits verstehe ich nicht, warum man damit jetzt gerade eine ganze Generation von Soldaten diffamiert. In welchem Krieg wurden gefangene Partisanen nicht exekutiert?

Ist das Verständnis für den Sinn des Kriegsrechts abhanden gekommen? Die Alternative wäre ja nur ein entfesselter Krieg, in dem man eben nicht mehr unterscheiden kann zwischen Zivilbevölkerung und Soldaten, wo es dann möglich wäre, Zivilbevölkerung und Soldaten gleichermaßen zu bekämpfen. Das Kriegsrecht wollte dies ja verhindern.

Ungváry: Es geht in dieser Ausstellung nicht um das Kriegsrecht. Sie ist der Versuch, die eigene Geschichte zu bewältigen, sie scheint mir aber eher eine Vergewaltigung der Geschichte zu sein. Hier sollen einfach vorgefaßte Urteile durch Material gestützt werden. Das ganze ist einfach unmöglich. Und was ganz schlimm ist, daß diese Ausstellung ins Ausland gehen soll. Dann ist natürlich für jede Nation ein Freibrief da. Jeder kann sich bequem zurücklehnen und mit dem moralischen Zeigefinger auf die bösen Deutschen zeigen, die so anders waren als wir selbst. Als Ungar muß ich sagen – ich glaube, daß ich dazu berechtigt bin, weil ich meine eigene Nation in diesem Fall zu untersuchen habe –, daß wir auch nicht besser waren als die Deutschen.

Ganz grundsätzlich: Sind die Verbrechen, die von deutscher Seite begangen worden sind, nicht im wesentlichen seit Jahrzehnten dokumentiert, aufgearbeitet und öffentlicht präsent gemacht worden?

Ungváry: Ja, genau.

Auf der anderen Seite gibt es doch erschreckende Defizite, gerade in Deutschland, aber auch in anderen Ländern, in der Darstellung insbesondere der sowjetischen Kriegsführung und -verbrechen?

Ungváry: Ganz genau. Das wäre sehr gut, wenn dieses Feld nicht nur Rechtsradikalen überlassen wäre, sondern gerade die Hamburger sich bemühen würden, auch die andere Seite zu untersuchen, was sie eigentlich auch teilweise tun, nur nicht im Rahmen der Ausstellung. Im Verlagsprogramm veröffentlichen sie sehr gute Bücher über kommunistische Verbrechen, das muß man sagen. Auf jeden Fall müßten sich die Aussteller selbst mit diesem Problem auseinandersetzen.

Was raten Sie den Ausstellungsmachern nach den neuen Enthüllungen? Was soll Ihrer Meinung nach mit der Ausstellung passieren?

Ungváry: Ich würde den Ausstellern empfehlen, daß sie sich von der egoistischen Konzentration auf die Verbrechen ihrer Vätergeneration loslösen und sich dem Studium der neuesten wissenschaftlichen Literatur widmen, die ihre Thesen widerlegt. Als Beispiel sei hier nur der Sammelband "Die Wehrmacht. Mythos und Realität", herausgegeben von Rolf-Dieter Müller, Oldenburg 1998, erwähnt. Nach den mir bekannten Presseberichten versuchen sich die Aussteller damit herauszureden, daß ihre Fehler den Forschungsstand von 1995 widerspiegeln. Das ist Unfug. Wer von Uniformen und Geographie nur die leiseste Ahnung hat, konnte schon mehrere gravierende Irrtümer entdecken. Sicher werden sie auch versuchen, ihren Kritikern rechtsextreme Sympathien vorzuwerfen. Ich kann nur hoffen, daß die weitere Debatte zeigen wird, daß solche infamen Unterstellungen die Lage nicht mehr retten können.

Doch was soll mit der Ausstellung nun passieren?

Ungváry: Ich glaube, sie ist nur dann zu retten, wenn die Aussteller ihre Thesen grundsätzlich verändern. Wehrmacht und Hitler sind keine identischen Begriffe, wie die Ausstellung suggeriert. Man könnte eine Ausstellung über deutsche Kriegsverbrechen machen – in diesem Fall müßte man aber auch den Begriff der Schuld präzise definieren sowie nicht nur die Verbrechen, sondern auch ihre Hintergründe erklären. Und zuletzt muß die ganze Ausstellung in einen historischen Rahmen gesetzt werden. das ist der Punkt, den ich beim Hamburger Institut für Sozialforschung am meisten vermisse.

 

Krisztián Ungváry geboren 1969 in Budapest, studierte Geschichte und promovierte mit einer Arbeit über die Belagerung von Budapest während des Zweiten Weltkrieges. Er erhielt eine Reihe von Stipendien im In- und Ausland, darunter das Roman-Herzog-Forschungsstipendium der Humboldt-Stiftung. Im März 1999 erhielt er von der Stiftung des Kriegsgeschichtlichen Instituts in Budapest die Auszeichnung "Militärhistoriker des Jahres" verliehen. Zuletzt veröffentlichte er 1999 im Herbig Verlag das Buch "Die Schlacht um Budapest 1944/45 – Stalingrad an der Donau".


 
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