© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/99 29. Oktober 1999


CD: Genesis
Familientauglich
Holger Stürenburg

Obwohl die Band um Phil Collins, Tony Banks und Michael Rutherford in den vergangenen 20 Jahren nur sechs Studioalben veröffentlicht hat, konnte sie in dieser Zeit mit vielen ausgekoppelten Singles weltweite Hits landen. Diese sind nun zum ersten Mal auf einer CD zusammengefaßt worden: "Turn it on again – The Hits" (Virgin Records) kommt rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft auf den Markt. Natürlich beschränkt sich diese Hitkollektion hauptsächlich auf die Pop-Phase der Band, als Phil Collins die einstige Art-Rock-Legende zu einer schnieken radiotauglichen Hitparadenband umgestaltete. Aber in dieser Ära konnte Genesis auch in Hörerschichten vorstoßen, die mit ellenlangen Keyboard-Epen aus der Zeit Peter Gabriels nicht allzu viel anfangen konnten.

Leider nicht chronologisch geordnet (dies ist der einzige Schwachpunkt der CD), sind auf "Turn it on again" alle Hits versammelt, die Genesis in den zurückliegenden 20 Jahren produzierten: So etwa "Follow you, Follow me", die erste Single nach dem Weggang von Peter Gabriel, den fröhlichen Popsong "Turn it on again", mit dem Gabriels Nachfolger am Mikrophon, Phil Collins, die siebziger Jahre rockig-romantisch ausklingen ließ. Mit "Abacab" schielten Genesis Ende 1981 deutlich und gekonnt in Richtung synthilastigem New Wave, 1983 folgten klassische Rocker wie "That‘s all" und das düster-rockende "Mama", bevor Genesis mit ihrem Album "Invisible Touch" endgültig zu weltweit gefeierten Stadionrockern mutierten.

Aus dieser Pop-CD gibt es auf "Turn it on again" neben dem Titellied das nervöse "Land of Confusion" (damals vor allem wegen des witzigen Videos mit den "Spitting Image"-Puppen zum Hit geworden), den – wie Collins sagt – "garantiert genialsten Kitschsong der Popgeschichte", "Tonight, Tonight, Tonight", sowie die Balladen "In too Deep" und "Throw-ing it all away". Nach 1986 ließ sich die Band, deren Mitglieder auch alle Soloprojekte starteten, bis Herbst 1991 Zeit, als mit der CD "We can‘t dance" ein weiteres Hitalbum auf den Markt kam. Aus dieser Phase gibt es den Riff-Rocker "I can‘t dance", die Ballade "Hold on my heart" sowie die beiden Allzeit-Rocker "No son of mine" und "Jesus he knows me", die beide 1991/92 aus Radios und Diskotheken kaum wegzudenken waren. Nachdem Phil Collins mit seinen Solo-Arbeiten scheinbar zu beschäftigt war und Genesis auf Eis legte, befürchteten viele Fans, die Band könnte bereits Geschichte sein. Aber weit gefehlt: Vor zwei Jahren stieß der ehemalige Stiltskin-Sänger Ray Wilson zu Rutherford und Banks und öffnete mit dem ersten gemeinsamen Album "Calling all stations" Genesis den Weg ins nächste Jahrtausend.

Zwei Klassiker haben ebenfalls den Weg auf "Turn it on again" gefunden: "I know what I like" führt zurück ins Jahr 1974, als noch Peter Gabriel für Gesang und den größten Teil der Kompositionen verantwortlich war. Und als Bonbon gibt es die gelungene Neueinspielung aus "The Lamb lies down on Broadway": Rutherford, Banks, Collins und Peter Gabriel gingen erstmals seit über 20 Jahren gemeinsam ins Studio, um den Art-Rock-Klassiker "Carpet Crawlers" neu aufzunehmen.

Genesis avancierten in den vergangenen 20 Jahren zu einer Rockinstitution für die ganze Familie. So ist davon auszugehen, daß Genesis mit dieser Hitkollektion schnellstens in die Top Ten einziehen und viele Nachwuchstalente in die Wüste schicken werden.


 
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