© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/99 19. November 1999


Walter Leisler Kiep
Liberaler Sonderberater
von Sylvia Green-Meschke

Er habe eine Riesendummheit begangen, der Rechenschaftsbericht für 1991 sei eindeutig falsch gewesen, soll Walther Leisler Kiep verlauten lassen haben. Sollten sich diese Meldungen bestätigen, würde der ehemalige CDU-Schatzmeister einem in der Öffentlichkeit ohnehin nicht eben einheitsgrau erscheinenden Bild eine weitere Facette hinzufügen.

Der 1926 in Hamburg geborene und seinem äußeren Erscheinungsbild nach stets als exemplarischer Hanseat geltende Kiep hatte sich bisher durch die kaum überschaubare Vielfalt seiner Aktivitäten ausgezeichnet. Die politischen Stationen seines Lebens sind insbesondere durch seine von 1971 bis 1991 währende Schatzmeistertätigkeit für die CDU bestimmt. 1976 ist er zunächst Finanzminister im Kabinett Albrecht, danach bis 1977 auch Wirtschaftsminister. 1980 gehört er zum Schattenkabinett des Kanzlerkandidaten Franz Josef Strauß. 1982 geht er als Spitzenkandidat für die CDU nach Hamburg und macht die Union dort zwar zur stärksten Fraktion.

Politisch gilt er seit den Verhandlungen über die Ostverträge als Liberaler. In der Tat hat er manches an sich, was nicht in das manchmal etwas verknöchert erscheinende Bild der Konservativen in den damaligen Jahren paßt. Daß er trotzdem als konservatives Schwergewicht angenommen wird, belegt ein Anschlag auf ihn, bei dem er angeschossen wird. Für die Tat wird eine RAF-Unterorganisationen verantwortlich gemacht.

Nach der Rückgabe seines Bürgerschaftsmandats in Hamburg 1983 übernimmt er Aufgaben als "Sonderberater". Zuletzt für den derzeitigen Kanzler Schröder, der davon jetzt zwar nichts mehr wissen will, Kiep vor wenigen Tagen aber vor versammelter Öffentlichkeit noch seine Wertschätzung ausgesprochen hat. Mehr noch als in der Politik ist Kiep als Vermittler im big business zu Hause. Was bedeutet, daß jede seiner Aktionen seit der Parteispenden-Affäre der Achtziger, spätestens aber seit heute, rückblickend als "dubios" befunden wird, zuletzt bei der Übernahme der Leuna-Raffinerie durch den französischen Konzern Elf-Aquitaine.

Bislang ist Kieps Ruf ohne Schaden geblieben. Ein Urteil mit Geldstrafe im Zuge der Spendenaffäre gegen ihn ist 1992 aufgehoben worden, weil der damalige Hauptzeuge angab, die Spende sei für Franz Josef Strauß gewesen, mit Spenden für die CSU aber hatte Kiep nie etwas zu tun.

Ab heute kann das anders werden. Und schon jetzt zeichnet sich Schaden für die Union ab. Ihr Ministerpräsidentenkandidat in Schleswig-Holstein, Volker Rühe, wird von Rot-Grün absichtsvoll in den Dunstkreis des Panzergeschäftes gebracht. Nach der Maxime, es werde schon etwas hängen bleiben und später, wenn das politische Spiel gespielt ist, könne man sich notfalls entschuldigen. Kieps Rolle muß untersucht und erst dann beurteilt werden.


 
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