© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/99 26. November 1999


Asylbewerber: Innenminister verabschiedeten Altfall-Regelung
Armutsflüchtlinge dürfen bleiben
Alexander Schmidt

Abgelehnte Asylbewerber, die keine Rückkehrmöglichkeit in ihre Heimat haben, erhalten ein Bleiberecht in Deutschland. Auf diese Regelung für sogenannte Altfälle haben sich die Innenminsister von Bund und Ländern auf ihrer Konferenz in Görlitz geeinigt. Für Familien gilt das Jahr 1993, für Flüchtlinge ohne Kinder das Jahr 1990 als Stichdatum für das Inkrafttreten der sogenannten Altfallregelung.

Bedingung für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ist jedoch die "Einfügung in die wirtschaftliche, soziale und rechtliche Ordnung", wie es in dem verabschiedeten Papier heißt. Mit dieser Entscheidung kommen die Innenminister der Forderung von Kirchen und Flüchtlingsorganisationen nach, die sich schon seit langem für das Bleiberecht von "sozial integrierten Ausländern" einsetzen. In der Vergangenheit war es immer wieder zu Problemen mit Asylbewerbern gekommen, die entweder von ihrem Heimatland nicht wieder aufgenommen wurden oder wegen "fehlender Papiere" nicht in ihre Herkunftsländer zurückkehren konnten.

Der bayerische Innenminister Günther Beckstein betonte im ZDF-Morgenmagazin, daß der Aufenthalt tatsälich nur geduldet werden könne, wenn "eine Rückkehr über viele Jahre hin faktisch unmöglich ist". Bayern legte zu Beginn der Tagung eine Liste vor, nach der nur bestimmte Länder, wie Afghanistan, Syrien oder Angola, für die Altfallregelung in Frage kommen sollten. Mit dieser Liste solle erreicht werden, das keine breite Basis für Flüchtlinge geschaffen würde, die sich erfolgreich vor der Ausreise drücken konnten, wie eine Anfrage der JUNGEN FREIHEIT an das bayrische Innenministerium ergab. Allerdings fand der Vorschlag dann nicht die nötige Mehrheit.

Wie der Vorsitzende der Innenministerkonferenz und Innenminister von Sachsen-Anhalt, Klaus Hardrath (CDU), in einer Pressekonferenz sagte, könnten durch die jetzt getroffene Stichtagsregelung rund 20.000 Ausländer in Deutschland bleiben. Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck, bemängelte im Anschluß, daß die Zahl der Ausländer, die unter die neue Regelung fielen, hinter den Erwartungen zurückbleibe. Dies sei nur ein "Teilerfolg für die Integration", erklärte die Grünen-Politikerin.

Bundesinnenminister Otto Schily, der vor wenigen Wochen kritisierte, daß 97 Prozent aller sich in Deutschland aufhaltenden Asylanten aus wirtschaftlichen Motiven hergekommen seien, begrüßte die Regelung. Die Innenminister hätten damit klargestellt, daß die Altfallregelung "keine Belohnung für diejenigen ist, die das Anerkennungsverfahren hinausgezögert haben". Vielmehr soll damit den Menschen geholfen werden, die ohne eigenes Verschulden nicht ausreisen konnten.

Kritik kam dagegen von der CDU und CSU, die der Reform nur dann zustimmen wollten, wenn im selben Zuge mit dem Asylbewerberleistungsgesetz die Finanzzuwendungen für Asylbewerber um 20 Prozent reduziert und die Dauer des Anerkennungsverfahrens künftig gestraft würde. Der Innenexperte der CSU-Landesgruppe, Wolfgang Zeitlmann, befürchtet, daß mit der neuen Regelung "ein Signal für zusätzliche Zuwanderungen" gegeben worden sei. Er halte eine Altfallregelung für überflüssig, nur weil es einer großen Zahl von Flüchtlingen immer wieder gelinge, das deutsche Verfahrensrecht auszunutzen. Das Modell der CSU dagegen sah vor, die Rechtmäßigkeit des Asylanspruchs nur durch eine gerichtliche Instanz zu überprüfen. Den Wirtschaftsflüchtlingen müsse von vornherein klargemacht werden, daß sie "nur aus wirtschaftlichen Gründen kein Asyl erhalten", verlangte Zeitelmann.

In der Frage der Kosovo-Flüchtlinge in Deutschland hieß es in Görlitz, daß im Frühjahr 2000 mit einer großangelegten Rückführungsaktion begonnen werden solle, in deren Rahmen alle 180.000 zur Zeit in Deutschland lebenden Kosovaren in ihre Heimat zurückkehren werden. Bislang sind 12.266 Kosovo-Flüchtlinge aus Deutschland in die serbische Provinz heimgekehrt.

Weitere Themen auf der Konferenz waren die Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen, Vorbeugemaßnahmen gegen Kinder-und Jugendkriminalität sowie schnellere Sanktionen bei Ladendiebstählen.


 
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